Betrieb und Gewerkschaft
Kämpferische Demonstration von Dystar-Kollegen in Leverkusen
Leverkusen (Korrespondenz), 06.11.09: Gestern Nachmittag zog eine Protestdemonstration von über 600 Kolleginnen und Kollegen vom Tor 1 des "Chemparks" in Leverkusen über die B8 nach Leverkusen-Wiesdorf. Die IGBCE hatte aufgerufen, für den Erhalt der Arbeitsplätze bei Dystar zu kämpfen.
Dystar, die ehemalige Farbenfabrik von Bayer und Hoechst, war 2004 an den US-Spekulanten Tom Gore verkauft worden. Seit Jahren findet in der Textilfarbenindustrie eine Neuorganisation statt, die durch die Weltwirtschaftskrise beschleunigt wird. In Asien, dem weltgrößten Textilmarkt, wurden in den letzten Jahren Produktionskapazitäten mit Unterstützung deutscher Experten hochgezogen. Jetzt sollen die deutschen Dystar-Firmen geschlossen oder gewinnbringend verkauft werden, zugleich wird über Dystar Singapur die Weltmarktführerschaft von Dystar weiter ausgeübt.
Kaltschnäuzig räumte der US-Milliardär Gore über Nacht mehr als 40 Millionen Euro aus den Konten der deutschen Töchter leer, als ein Verkauf an einen indischen Investor platzte. Trotz anstehender Aufträge war so kein Geld mehr da und die deutsche Dystar GmbH ging mit über 1.400 Kollegen und fünf Standorten einen Tag nach der Bundestagswahl in Insolvenz!
Zeitgleich fand eine Dystar-Kundgebung auch in Brunsbüttel statt, was auf viel Zustimmung gestoßen ist und den Gedanken des konzernweiten Kampfes in den Vordergrund gerückt hat. Viele Kollegen waren auch von anderen Firmen aus dem "Chempark" gekommen. Von zahlreichen Betrieben kamen solidarische Grüße. Die Montagsdemo Leverkusen hatte ihr offenes Mikro dabei. Die IGBCE beendete nach einem Grußwort aber leider die Nutzung des offenen Mikros.
Auch das Angebot der Kreisleitung MLPD Südliches Rheinland zu einer Solidaritätsadresse wurde abgelehnt, weil alles schon mit der Polizei abgesprochen sei. Die Kollegen haben sich aber vor vielen intensiven Gesprächen mit Mitgliedern der MLPD und Kräften der kämpferischen Opposition nicht abhalten lassen.
Bei der Abschlusskundgebung war auffallend, wie der Protest in ruhige Bahnen gelenkt werden soll. Der neue Leverkusener OB Buchhorn sprach sich für ein "privatwirtschaftliches Verfahren" aus bei der Suche nach einem neuen Investor. Dabei wird aber die Vernichtung vieler Arbeitsplätze in Kauf genommen. Auch der IGBCE-Bezirksleiter Wilms orientierte auf weiteren Verzicht, als er an die Einhaltung bestehender Vereinbarungen vom April erinnerte. Darin wurden weitgehende Zugeständnisse bei Lohn- und Arbeitsbedingungen gemacht. Dieser Verzicht hat für die Kollegen nichts gebracht. Intensive Diskussionen gab es deshalb, wie ein Kampf und Streik vorbereitet werden muss. Weitere Proteste wurden angekündigt.