Sozialismus
Der Spagat der Linkspartei in Nordrhein-Westfalen
10.11.09 - Die Linkspartei in Nordrhein-Westfalen verabschiedete am letzten Wochenende auf ihrem Landesparteitag ein Programm zur Landtagswahl im April 2010. "Natürlich wollen wir regieren, aber nicht um jeden Preis", so formulierte Wolfgang Zimmermann vom nordrhein-westfälischen Landesvorstand den Spagat zwischen der Anbiederung an die SPD in der Hoffnung auf parlamentarische Mehrheiten und dem Versuch, den Erwartungen vieler Mitglieder an eine "linke", "radikale" Politik gerecht zu werden. Das spiegelt auch die unterschiedliche Zusammensetzung der Parteibasis und des Landesparteitags wieder.
Oskar Lafontaine plädierte in seiner Rede eindringlich für ein "gutes Programm" ohne "chaotische" Forderungen. Nur so könne die Landtagswahl im nächsten Jahr zur "Krönung" für die Linkspartei werden, "mit einem ordentlichen Ergebnis in den Landtag des größten Bundeslands einzuziehen". Die Mehrheit der Delegierten ließ sich allerdings nicht von den damit gemeinten Positionen abbringen. Sie beschloss unter anderem die Forderungen nach Verstaatlichung der Energiekonzerne, nach Rücknahme der Privatisierung kommunaler Energieversorger sowie nach der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Kritik gab es auch an den weitgehenden Zugeständnissen der Linkspartei in Brandenburg im jetzt geschlossenen Koalitionsvertrag mit der SPD.
Allerdings fördert die Forderung nach Verstaatlichung der besonders verhassten Energiekonzerne die Illusion, die Macht der Monopole im staatsmonopolistischen Kapitalismus eindämmen zu können. Wer soll denn die Energiemonopole in diesem System demokratisch kontrollieren? Der neue Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle oder gar Angela Merkel? Die Aufgabe des Staates ist es heute doch gerade, die optimalen Rahmenbedingungen zur Absicherung der Maximalprofite der führenden internationalen Monopole zu gewährleisten.
Beschlossen wurde unter anderem eine Passage zur Regierungsbeteiligung, in der es heißt: "DIE LINKE wird sich an keiner Regierung beteiligen, die Privatisierung, Personal- und Sozialabbau vornimmt und die nicht die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen verbessert." Wo eine solche Regierung allerdings unter den herrschenden Machtverhältnissen herkommen soll, ließ der Parteitag offen. Bei allen "radikalen" Forderungen der Linkspartei in Nordrhein-Westfalen, die viele ihrer Anhänger sicher grundehrlich meinen, macht sie um die entscheidende Machtfrage im staatsmonopolistischen Kapitalismus einen großen Bogen.
Wohin die Reise nach Vorstellung der SPD gehen soll, machte unter anderem der nordrhein-westfälische DGB-Vorsitzende Guntram Schneider deutlich: "Wir sind interessiert an regierungswilligen, machtbewussten Parteien. ... ihr solltet euch nicht selbst vom Regieren ausschließen." Die SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft ermahnte nach dem Parteitag mit erhobenem Zeigefinger, dass sie die Linkspartei in Nordrhein-Westfalen gegenwärtig weder für "koalitions- noch regierungsfähig" hält.
Für die von der SPD geforderte offene Unterordnung unter das Monopolprogramm hat sich die Mehrheit der Delegierten noch nicht vereinnahmen lassen. Diese Tatsache ermöglicht in verschiedenen Punkten eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei in der kämpferischen Opposition. Dazu muss auch antikommunistische Hetze wie die des "WAZ"-Kommentators Ulrich Reitz zurückgewiesen werden, der die "ideologischen Unterschiede, ja Gräben" des "bürgerlichen Lagers" zur Linkspartei unter anderem aus der angeblichen "Eliminierung" der SPD in der DDR ableitet. Die SPD wurde 1946 im Osten Deutschlands nicht "eliminiert", sie vereinigte sich als Schlussfolgerung aus dem Faschismus auf gleichberechtigter Grundlage mit der KPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED).
Dass der Sozialismus auf dem Parteitag so gut wie keine Rolle spielte und der Anbiederung an die SPD keine klare Absage erteilt wurde, belegt allerdings auch, dass die Linkspartei mit einer revolutionären Politik nichts am Hut hat. Wer eine wirkliche sozialistische Alternative will, muss die MLPD unterstützen und stärken!