Politik
Erfurt: Mahngang zur Reichspogromnacht und "Antifaschistischer Ratschlag"
Erfurt (Korrespondenz), 17.11.09: Vorbei an den Wohnbauten des Juri-Gagarin-Rings erblickten wir in der Dunkelheit etwas zurückgesetzt die Synagoge, wo sich am 8. November die Teilnehmer am diesjährigen Mahngang zur Erinnerung an die Reichsprogromnacht versammelt hatten. Eine große Mehrheit junger Leute in Schwarz, dazu Gewerkschafter und Linke aus verschiedenen Organisationen. Die Sprecher haben gut recherchiert, wie der Nazi-Terror in Erfurt gewütet hat. "Ich habe noch nie eine Synagoge so schön brennen sehen", wäre der zynische Kommentar des damaligen Oberbürgermeisters Kießling gewesen.
Im Erfurter Norden, dem traditionellen Arbeiterwohngebiet, so wird uns an einem anderen Haltepunkt unseres Marsches erklärt, habe es ein "wildes" Gefängnis gegeben. Hier haben die Faschisten die Kommunisten und Sozialisten - ihre Todfeinde - eingesperrt und bestialisch gefoltert. Ich nehme mir vor, mir die Lebenserinnerungen, aus denen hier zitiert wird, zu beschaffen, wird doch das Gedenken an den proletarischen Widerstand vom herrschenden Antikommunismus zunehmend verdrängt.
Zum Schluss noch ein kurzer Blick auf den Erfurter "Antifaschistischen Ratschlag", der am folgenden Tag stattfand. Dieser selbst organisierte Ratschlag hat nun schon eine Tradition von immerhin 18 Jahren und bot den 200 bis 300 Teilnehmern mehr als 10 Workshops an. Wieder bin ich beeindruckt, wie diese jungen Leute in dem Workshop "Geschichte von unten" geforscht haben. (...) Beeindruckend, wie die Jugendlichen der Ignoranz der Behörden, der Feindseligkeit von bürgerlichen Institutionen und Repressionen durch die Staatsgewalt trotzen. Davon können wir in jedem Fall etwas lernen.