International
Ernährungs-Gipfel: Verwaltung des Hungers
19.11.09 - Täglich verhungern nach Angaben des ehemaligen UN-Sonderberichterstatters Jean Ziegler 47.000 Menschen auf der Welt, alle fünf Sekunden stirbt ein Kind an Hunger. Und gestern ging in Rom erneut ein Gipfeltreffen der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) zu Ende, ohne irgend eine konkrete Maßnahme gegen den wachsenden Hunger zu beschließen! Die Regierungschefs der reichen imperialistischen Länder glänzten sogar durch Abwesenheit. In der Abschlusserklärung wird wieder nur die schon seit 1996 zum wiederholten Male geäußerte Absicht erklärt, die Zahl der Hungernden bis 2015 halbieren zu wollen. Das stößt weltweit auf wachsende Kritik. Den Hungernden seien lediglich "Brotkrümel" angeboten worden, klagte die Hilfsorganisation Oxfam an.
Und Rosmarie Bär von "Alliance Sud", der Arbeitsgemeinschaft der großen Schweizer Hilfswerke, stellt fest: "Die Staatengemeinschaft hat sich offenbar entschieden, den Hunger von Gipfel zu Gipfel zu verwalten, statt ihn zu bekämpfen." Aus dem Text der Abschlusserklärung in Rom wurde sogar der Hinweis gestrichen, dass im letzten Jahr auf dem G8-Gipfel in Laquila für einen "Treuhand-Fonds der Industriestaaten gegen den Hunger" 20 Milliarden Dollar versprochen - und nie eingezahlt wurden. Das wurde noch unter dem Eindruck der Hungerrevolten in einer Reihe von Ländern zugestanden. Angesichts der Billionen schweren "Rettungspakete" für marode Banken war allerdings auch dieses "Angebot" schon eine Verhöhnung der über eine Milliarde hungernden Menschen in der Welt.
Allein die EU-Staaten haben 1.700 Milliarden Euro bereitgestellt, um den Kreditmarkt zwischen den Banken wieder zu beleben. Das Budget für das Welternährungsprogramm (WFP) wurde dagegen von 6 auf 3,2 Milliarden US-Dollar gekürzt. Vor drei Monaten erst hat die Uno die Mahlzeit für eine Million Schüler und Schülerinnen in Bangladesch ersatzlos gestrichen.
Angesichts spekulativ in die Höhe getriebener Nahrungsmittelpreise in den Entwicklungsländern wächst die Zahl der Hunger leidenden Menschen unaufhaltsam. Darüber hinaus verschärft die weltweite Wirtschaftskrise die Armut. Sie wird von Großinvestoren aus imperialistischen Ländern dazu genutzt, in armen Ländern Ackerland aufzukaufen, um die weltweite Lebensmittelproduktion kontrollieren oder auch mit Agrarsprit Höchstprofite einfahren zu können. Schon in den letzten zwei Jahren haben sie 33 Millionen Hektar fruchtbares Ackerland in Afrika und Asien gepachtet oder gekauft, die nun für die lokale Versorgung fehlen. Zugleich sinken die Einkommen ständig und die Arbeitslosigkeit steigt rapide an.
Sorgen machen sich Vertreter des WFP nun um den weltweiten sozialen Frieden: "Menschen, die nicht genügend zu essen haben, revoltieren, emigrieren oder sterben." Damit sei die "Ernährungssicherheit eine Frage der nationalen Sicherheit", hieß es am Dienstag in einer Erklärung von WFP-Direktorin Josette Sheeran (dpa, 17.11.09). Wenn die Bevölkerung wieder auf die Barrikaden geht, dann werden auch die Regierungschefs der imperialistischen Länder wieder aktiv werden - allerdings nicht, um den Hunger zu bekämpfen, sondern um die Destabilisierung solcher Regierungen in den armen Ländern zu verhindern, die gegen "Cash" den imperialistischen Ausbeutern Tür und Tor öffnen. Die Völker der Welt können keine wirkliche Hilfe von den Imperialisten im Kampf gegen den Hunger erwarten. Das ist die Botschaft von Rom. Gegen dieses menschenverachtende, kapitalistische System den Kampf aufzunehmen, ist die richtige Konsequenz aus diesem Gipfel.