Politik
Hunderttausende beteiligten sich an internationalen Protesten zur Bildungspolitik
18.11.09 - Über 85.000 Studierende, Schüler und Auszubildende sind nach Angaben des Presseteams der Aktion "Bundesweiter Bildungsstreik" gestern in über 60 Städten Deutschlands auf die Straße gegangen. Neben Demonstrationen fanden Kundgebungen, Hörsaal-Besetzungen und weitere Aktionen statt. Der Aktionstag im Rahmen des "International Student's Day" und der "Global Week of Action" sei damit ein "erfolgreicher Start in den Heißen Herbst" gewesen. So fanden unter anderem in Italien (mit 150.000 Teilnehmern in über 50 Städten), in Österreich, Frankreich (in über 20 Städten), Polen, Ungarn und in der Schweiz sowie in den USA und einigen asiatischen Ländern ebenfalls Kundgebungen, Demonstrationen und Schulblockaden statt. Wir dokumentieren im Folgenden Auszüge aus weiteren Korrespondenzen, die "rf-news" noch erreicht haben.
Zu den Aktionen in Berlin heißt es in einer Pressemitteilung: "In Berlin gingen Schätzungen zufolge ca. 12.000 Studierende, Schüler, Gewerkschafter und Sympathisanten auf die Straße. Eigene Blöcke bildeten unter anderem die streikenden Studierenden der Humboldt-Universität, der Technischen sowie der Freien Universität, ganze Klassenverbände aus allen Schultypen sowie Gewerkschaftsverbände von Verdi und der IG Metall. Solidarisiert wurde sich dabei unter anderem auch mit den ... Besetzern anderer Städte und Länder wie ... in Österreich, Frankreich und der Schweiz. Grußbotschaften gingen ebenfalls an die streikenden Arbeitnehmer im Arbeitskampf, wie die Gebäudereinigerinnen der IG BAU."
Aus Hamburg berichtet ein Korrespondent: "Etwa 1000 Studenten, Vertreterinnen der Kita-Beschäftigten und Eltern versammelten sich gestern ab 16.00 Uhr zur Kundgebung in der Hamburger Innenstadt und zogen dann in einem Demonstrationszug zum Hauptbahnhof. Bei der Demonstration wurde die Situation der Beschäftigten unter anderem bei Karstadt aufgegriffen, und die Solidarität mit ihnen ausgesprochen. Insgesamt wurden immer wieder die Banken und Konzerne samt der Regierung als Verursacher der Situation angegriffen: gesellschaftlich geschaffener Reichtum ist genug da, nur in den falschen Händen. Nicht zufällig wurde auch der Musiker Peter Gutzeit engagiert, der für die Unterstützung des Protests und des Kampf gerade der Arbeiter, der Jugend und der Werktätigen steht."
Ein Duisburger Teilnehmer berichtet: "Es nahmen ca. 400 Schüler teil. Die Studenten hatten wohl eine extra Aktion an der Uni. Viele Schüler beginnen sich mit diesen Bildungsprotesten zu politisieren. Diese Demos sind die ersten Demos in ihrem Leben. Eine sagte: 'Oh cool, ich geh jetzt öfter auf eine Demo.' Die REBELL-Fahne wehte immer gut sichtbar über der Demo und wurde kräftig von einem Rebellen geschwenkt. Das durchgeführte offene Mikrofon war ein ziemlicher Erfolg. Ich bekam recht schnell Adressen mit der Ansprache: 'Wenn man wirklich was ändern will, muss man sich organisieren und längerfristig und regelmäßig daran arbeiten.'"
Aus Augsburg wird berichtet: "Von zu Beginn 500 auf über 1.000 Teilnehmer schwoll der Protestzug der Schüler und Studenten gegen die miserablen Zustände im Bildungsbereich an. Fast drei Stunden lang führte die Demo an wichtigen Schulen Augsburgs vorbei und forderte Schüler und Lehrer auf, sich dem Protest anzuschließen. An fast allen Schulen waren die Eingangstüren verschlossen. Trotzdem ließen sich viele Schüler davon nicht beeindrucken und stiegen durchs Fenster raus, um sich den Demonstranten anzuschließen. Bei der Schlusskundgebung verurteilte ein Lehrer unter großem Beifall entschieden das Vorgehen der Schulleiter (hinter dem vermutlich die Kultusbürokratie steht) und bezeichnete das Vorgehen als Lehrstück dafür, was hier unter Freiheit und Demokratie verstanden wird. Er überbrachte auch die solidarischen Grüße vieler Lehrerkollegen und sprach sich für die 'Vision einer freien und sozialistischen Gesellschaft' aus."
In Karlsruhe hielt "neben Gewerkschaftsmitgliedern und Streikenden aus anderen Unistädten ... unter anderem ein Mitglied des unabhängigen Studierendenausschusses eine kämpferische Rede". Im Bericht heißt es weiter: "Außerdem gab es noch etwas zum Schmunzeln von Seiten des abhängigen Studentenausschusses. Dessen Mitglieder hatten von der Landesregierung unmissverständliche Anweisungen bekommen, sich nicht zu politischen Fragen äußern zu dürfen. Um ihren Unmut darüber einerseits auszudrücken und andererseits das Verbot geschickt zu umgehen, versammelten sich auf dem Kundgebungswagen geknebelte AStAs."
Der Saarbrückener Korrespondent berichtet: "300 Studenten demonstrierten heute in Saarbrücken. Ihr Protest richtet sich vor allem gegen Studiengebühren, aber auch gegen den steigenden Leistungs- und Prüfungsdruck. Auch die Unterordnung der Uni und der Forschung unter die Interessen der Großindustrie wurde in einem Sketch aufs Korn genommen. Zum Abschluss gab es in einer Volksküche einen leckeren Eintopf. Die Zutaten hatten die Studenten von verschiedenen Händlern gespendet bekommen. Das zeigt: wer kämpft, bekommt Unterstützung."
In Münster zogen "2000 Studenten, Schüler und Auszubildende nach einer Vollversammlung durch die Innenstadt, mit Transparenten und Plakaten gegen das Bildungssystem und für eine bessere Bildung an der Uni und an den Schulen". Der Korrespondent berichtet weiter: "Der DGB-Kreisverband-Münster sowie auch die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) aus Münster hatten zuvor zur Solidarität mit den Studenten und Schülern und aktiver Unterstützung der Schüler- und Studentenproteste in Münster aufgerufen. Die Demonstration wurde von einem großen Polizeiaufgebot begleitet."