Politik
Kurzarbeit: Damit die Stimmung nicht kippt ...
20.11.09 - Die Regierung hat jetzt die Verlängerung der Kurzarbeitsregelung ab Januar beschlossen. In diesem Jahr wurde die maximale Dauer auf 24 Monate erhöht. Statt, wie ursprünglich vorgesehen, im neuen Jahr die alte Regelung wieder gelten zu lassen, dass Kurzarbeit höchstens für sechs Monate beantragt werden kann, soll ab Januar Kurzarbeit voraussichtlich für 18 Monate angemeldet werden können. Die Kurzarbeit ist eine entscheidende Methode der Dämpfung der Widersprüche in der Krise. So hob Angela Merkel hervor, dass die Bürger den Wirtschaftseinbruch in "einigermaßen besonnener und zuversichtlicher Stimmung" durchlebt hätten. Im Frühjahr werde man erkennen, ob die Arbeitslosigkeit steigen und die Stimmung kippen werde (NRZ, 19.11.09).
Tatsächlich wäre mit dem Auslaufen der Kurzarbeit zum Jahresende ein sprunghafter Anstieg von Entlassungen zu erwarten gewesen. Denn dass die Arbeitslosigkeit in Deutschland in Zukunft deutlich steigen wird, darin sind sich alle Wirtschaftsexperten einig. Nach OECD-Prognosen wird es nach den derzeit 3,23 Millionen offiziell Arbeitslosen im Jahr 2010 schon 4 und im Jahr 2011 4,3 Millionen Arbeitslose geben.
Die Unternehmensberatung A.T. Keamey hat errechnet, dass bis zum Jahr 2013 in der Autoindustrie in Deutschland bis zu 230.000 Arbeitsplätze vernichtet werden, in der Elektrotechnik bis zu 175.000, im Maschinenbau bis zu 165.000 und in der Metallverarbeitung bis zu 125.000 Arbeitsplätzen. Angela Merkels Befürchtung, dass die "Stimmung kippen" werde, hat vor diesem Hintergrund durchaus ihre Berechtigung.
Schon im laufenden Jahr ist die Zahl der Industriebeschäftigten um 233.000 gesunken. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) hat bei über 2.300 Betriebsräten, die 12 Millionen Beschäftigte vertreten, eine repräsentative Umfrage gemacht. Danach wurden bisher in fast 30 Prozent der Betriebe die Stammbelegschaften verkleinert, nachdem als erstes die Leiharbeiter vor die Tür gesetzt wurden. In fast 14 Prozent der Betriebe gab es „betriebsbedingte“, also direkte Entlassungen.
Angesichts der tiefsten Weltwirtschaftskrise haben Instrumente wie die Kurzarbeit und betriebliche Arbeitszeitkonten dafür gesorgt, dass die Arbeitslosigkeit in Deutschland noch relativ moderat gestiegen ist. Mitte September empfahl die OECD dieses "deutsche Modell" der Kurzarbeit auch anderen Ländern, die jetzt teilweise auch Kurzarbeit eingeführt haben. Die Wirtschaftswissenschaftler des WSI heben hervor, dass die Arbeitszeitkonten inzwischen fast ausgereizt seien. So bleibt also die Kurzarbeit als "Stimmungsstabilisator".
Bis zu 1,5 Millionen haben in diesem Jahr kurzgearbeitet, vor allem große Unternehmen haben sich der Kurzarbeit bedient. Es wird geschätzt, dass das ca. 500.000 Arbeitsplätzen entspricht. Klar, dass jeder Kollege, dem die Entlassung droht, lieber auf Kurzarbeit ist als beim Arbeitsamt. Allerdings: die Belegschaften haben dadurch massive Einkommensverluste, das Kurzarbeitergeld und einen Teil der Sozialversicherungsabgaben bezahlt die Bundesagentur für Arbeit, sprich der Steuerzahler. Jetzt kommen aus der IG-Metall-Führung Vorschläge für die Einführung der Vier-Tage-Woche in der Metallindustrie, Gesamtmetall-Chef Martin Kannegießer nennt das einen "interessanten Ansatz".
Er denkt natürlich nicht im Traum an einen Lohnausgleich und der bayerische DGB-Vorsitzende Fritz Schösser springt ihm direkt bei: "Naheliegend sei allerdings, dass für 28 Stunden Arbeit nicht genausoviel Geld gezahlt werden könne wie für 35 Stunden Arbeit pro Woche" ("Abendzeitung", 11.11.09). Darauf können sich die Belegschaften auf keinen Fall einlassen! Es zeigt sich an der Kurzarbeit, dass die Arbeitszeitverkürzung das richtige Mittel ist gegen die Massenarbeitslosigkeit - allerdings bei vollem Lohnausgleich auf Kosten der Profite und nicht auf Kosten derer, die die sprudelnden Profite der Monopole erarbeiten!