Betrieb und Gewerkschaft
Opel: Schon wieder eine "Rettung" aus Angst vor dem Kampf der Belegschaft
26.11.09 - Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr ist Opel jetzt angeblich "gerettet". Bei seiner Rundfahrt durch die deutschen Standorte und in einem streng geheim gehaltenen Treffen mit Vertretern des Europa-Betriebsrats erklärte der neue GM-Europa-Chef Nick Reilly, dass alle deutschen Standorte erhalten bleiben. Ein Korrespondent aus Bochum schreibt treffend:
„Offensichtlich hat der GM-Vorstand gehörigen Respekt vor der Entschlossenheit der Belegschaft, die auch nach einer monatelangen Erpressung Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und Tariferhöhung durchgesetzt hat. Reilly weiß, dass er mit einem offenen Angriff auf die Belegschaften einen europaweiten Kampf provozieren würde. Den will GM aber unbedingt verhindern.
Gleichzeitig gibt es angesichts der dritten angeblichen 'Rettung' keinen Grund für Jubel oder Erleichterung. An den Planzahlen zur Arbeitsplatzvernichtung hat sich faktisch nichts geändert. Nach wie vor sollen rund 9.000 Arbeitsplätze in Europa vernichtet werden, ca. 60 Prozent davon in den deutschen Werken. Gleichzeitig soll die Belegschaft auf 265 Millionen Euro im Jahr durch Lohnraub verzichten. Werksschließungen und Massenentlassungen sind nicht vom Tisch, werden allerhöchstens aufgeschoben."
Laut Stefan Bratzel, Professor für Automobilwirtschaft, hat Opel Überkapazitäten von rund 30 Prozent, und die müssten deutlich reduziert werden. Auch die Fixkosten seien - selbst bei den angekündigten Entlassungen - zu hoch. Ihre Senkung sei nur durch Konzentration der Produktion in weniger Werken möglich. Dafür taxiert die Rating-Agentur Moody's den Bedarf an Steuergeldern längerfristig sogar auf bis zu 6 bis 7 Milliarden Euro. Nick Reilly sprach von einer Größenordnung von 3,3 Milliarden Euro.
Alles Gelder, die keine Arbeitsplätze retten, sondern der Umstrukturierung des Konzerns im Interesse der internationalen Wettbewerbsfähigkeit von GM im Rahmen der Neustrukturierung der Automobilbranche in der Weltwirtschaftskrise dienen sollen. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hat die Zusage von Geldern darin geknüpft, dass der Arbeitsplatzabbau "sozialverträglich" erfolge. Das ist unverantwortlich: Es fehlt hinten und vorne an Arbeitsplätzen, vor allem für die Jugend. Deshalb muss es heißen: "Kampf um jeden Arbeitsplatz!"
Die "Überkapazitäten" sollen als unumgängliches Schicksal, dem sich alle zu unterwerfen hätten, hingestellt werden. Dabei steckt darin doch der ganze Widersinn der kapitalistischen Produktionsweise: Nicht die Bedürfnisse der Menschen, sondern die Profiterwartung bestimmt, was als Überkapazität gilt. Was könnte mit den Millionen von Geldern tatsächlich sinnvolles produziert werden? Es gibt für die Arbeiter keinen Grund sich der Profitlogik zu unterwerfen.
Der als "harter Sanierer" bekannte Nick Relley hat gehörig Respekt vor den Opelanern. Ihren Kampfwillen haben sie zuletzt am 5. November demonstriert, als bei bundesweiten Kundgebungen bzw. Demonstrationen über 18.000 Kollegen auf den Beinen waren. Am 7. November hatten dann auch die Opel-Kollegen in Antwerpen mit Warnstreiks klar gemacht, dass sie ihre Arbeitsplätze nicht kampflos preisgeben werden.
Die ersten Machtproben in der neuen Runde gegen die GM-Führung gingen an die Kollegen. Nachdem ihnen noch im Sommer ihr Urlausbgeld vorenthalten wurde, musste es schließlich nach monatelangen zunehmenden Protesten ausgezahlt werden. Als Zugeständnis, um selbständige Kampfaktionen zu verhindern, musste am 20. November Opel-Arbeitsdirektor Holger Kimmes erklären, dass das Weihnachtsgeld und die ausstehende Tariferhöhung, die ebenfalls einbehalten werden sollten, am 10. Dezember nun doch überwiesen werden!
Dies straft auch die Klassenzusammenarbeitspolitik der rechten Betriebsratsspitze um Klaus Franz Lügen. Grollend schimpfte er, dass GM seiner "Informationspflicht nicht nachgekommen" sei und kündigte knallhart an, künftig nur noch "anwaltlich mit GM zu reden". Die Opelaner vergessen nicht, dass Franz auch schon mehrmals zu einem Kniefall und Verzicht auf Lohnleistungen bereit war, um angeblich die Arbeitsplätze zu retten. Was dabei rauskommt, haben rechte Gewerkschaftsführer in amerikanischen und kanadischen GM-Werken vorgemacht. Nachdem zuerst Löhne gekürzt wurden, folgte die Stilllegung mehrer Werke. In Europa wurde bisher entgegen der ursprünglichen Pläne kein Werk geschlossen.
Zu Recht zieht der Korrespondent aus Bochum das Fazit: "Das neue Konzept ist alles andere als eine Rettung - aber es ist vor allem eine Bestätigung dafür, dass der monatelange Widerstand der Belegschaften genau der richtige Weg ist. Grund genug, diesen Weg konsequent weiter zu gehen."