Politik
Neue Debatte um den "Soli-Zuschlag": Große Mehrheit der Bevölkerung dagegen
30.11.09 - Das Finanzgericht Niedersachsen hat als erstes Gericht am 25. November die nach der Wiedervereinigung von der Kohl-Regierung eingeführte Sondersteuer namens "Solidaritätszuschlag" als verfassungswidrig eingestuft. Nun muss das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe darüber entscheiden - was allerdings dauern kann. Ginge es nach der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung, hätte der "Soli-Zuschlag" längst wieder gekippt werden müssen. In einer Online-Umfrage sprachen sich 97 Prozent für seine Abschaffung aus. Und diese Stimmungslage ist wohl auch ein maßgeblicher Hintergrund für die jetzige Gerichtsentscheidung.
Die verbreitete Ablehnung des "Soli-Zuschlags" hängt vor allem damit zusammen, dass die Einnahmen daraus noch nie - wie versprochen - der Masse der Bevölkerung in Ostdeutschland zugute kamen. Ein Korrespondent aus Leipzig meint dazu: "Das Geld wurde für westdeutsche Monopole ausgegeben, die hier rüber kamen, da bin ich gar nicht zufrieden damit ... Die Kollegen sind beschissen worden von vorne bis hinten, haben ihre Arbeit verloren, die Betriebe sind übernommen oder in den Westen geschafft oder plattgemacht worden. Für die Bevölkerung war das gar nichts, im Gegenteil!"
Ein anderer berichtet: "Es wurden Betriebe wie BMW in Leipzig angesiedelt und andere Betriebe platt gemacht. Die Armutsstatistik zeigt, dass hier bei uns im Osten, vor allem auch in Mecklenburg-Vorpommern viel 'dunkelrot' ist. Jetzt wollen sie die Armutsgrenze im Osten von 900 Euro auf 700 Euro senken - weil bei uns die Lebenshaltungskosten angeblich so niedrig wären - und die Löhne hinken ja auch immer noch hinterher!"
Beim Aufbau neuer Werke der internationalen Monopole im Osten Deutschlands ging es keineswegs um die Schaffung neuer Arbeitsplätze, zumal unter dem Strich wesentlich mehr "alte" vernichtet wurden. Die gigantische Subventionierung aus der Staatskasse diente vielmehr dazu, die Investitionstätigkeit der Monopole zu vergesellschaften und deren Kosten auf die breite Masse der Bevölkerung abzuwälzen. Das Werk von Opel in Eisenach wurde beispielsweise zu 70 Prozent aus Staatsgeldern finanziert.
Im Buch "Götterdämmerung über der 'neuen Weltordnung'" von 2003 heißt es dazu: "Diese Subventionen waren nur für Investitionen in den neuen Bundesländern vorgesehen und wurden von den breiten Massen in ganz Deutschland finanziert: Die Sondersteuer trug den demagogischen Namen 'Solidaritätszuschlag'. Mit diesen Mitteln sollten angebliche 'Standortnachteile' ausgeglichen werden. ... Im Fall von BMW bewilligte die EU-Kommission 363 Millionen Euro." (S. 289)
Mit der Stimmungsmache, der "Soli-Zuschlag" wäre eine Steuer, die nur von den Bürgern in Westdeutschland zu zahlen sei und nur den Ostdeutschen zugute käme, wurde systematisch Spaltung betrieben, um von diesem Zusammenhang abzulenken. Das wird indirekt von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) fortgesetzt, der gegenüber der "Mitteldeutschen Zeitung" erklärte: "Es bleibt abzuwarten, ob auch das Bundesverfassungsgericht Solidarität für verfassungswidrig erklärt." Das ist reine Demagogie, denn der "Soli-Zuschlag" hat mit "Solidarität" zwischen West und Ost nicht das Geringste zu tun. Er muss von allen Steuerzahlern - in Ost und West - bezahlt werden und hat auch keinerlei Zweckbindung an den Osten, sondern fließt, wie alle anderen Steuern auch, komplett in den allgemeinen Einnahmetopf des Bundes.
Die MLPD schlägt in ihrer Broschüre "Banken und Konzerne sollen die Krisenlasten selbst bezahlen" einen anderen Weg vor: "Notwendig ist eine Senkung der Massensteuern, die Abschaffung aller indirekten Steuern und die drastische progressive Besteuerung der Großbetriebe und Großverdiener!"