Politik

Gerichtliche Auseinandersetzung um antifaschistisches Buch in Stuttgart

Stuttgart (Korrespondenz), 09.12.09: Zur Zeit gibt es in Stuttgart eine gerichtliche Auseinandersetzung über das kürzlich erschienene Buch "Stuttgarter NS-Täter". Der als Rechtsanwalt hier lebende Volker Lempp will verhindern, dass die Taten seines Großvaters Karl Lempp in der Öffentlichkeit bekannt werden. Mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung will er den Verleger Hermann G. Abmayr zwingen, die Verbreitung des Buches "sofort und so lange einzustellen, bis die Seiten, die Herrn  Dr. Karl Lempp betreffen, aus dem Buch entfernt oder unkenntlich gemacht worden sind, einschließlich der Namensnennung auf der rückwärtigen Umschlagseite und im Inhaltsverzeichnis".

Karl Lempp (1881-1960), Obermedizinalrat in Stuttgart, steht in der Reihe der aufgeführten Täter als "verantwortlich für Zwangssterilisierungen und Kindereuthanasie". Ein Vorwurf, den der Autor Karl-Horst Marquart mit vielen Fakten belegt. Karl-Horst Marquart, ist Mitglied der Stolperstein-Initiative Vaihingen und langjähriger Mitarbeiter im Städtischen Gesundheitsamt.

Dennoch wurde Lempp, seit 1933 in der NSDAP, nie angeklagt und von der Entnazifizierungsbehörde als "Mitläufer" eingestuft. Bis 1949 war er stellvertretender Leiter des Städtischen Gesundheitsamtes, bis 1950 Leiter der Städtischen Kinderklinik, 1954 wurde ihm der Professorentitel verliehen.

Darauf stützt sich der Enkel: Ohne Ermittlung oder gar Verurteilung habe die Unschulds­vermu­tung zu gelten. Außerdem müsse die Familie "damit rechnen, darauf angesprochen oder geschnitten zu werden" ("Stuttgarter Nachrichten", 30.11.09). Volker Lempp konnte allerdings eine Lesung aus dem Buch letzte Woche nicht verhindern. Am Donnerstag wird der Antrag vor dem Stuttgarter Landgericht verhandelt.

Der Termin zur mündlichen Verhandlung ist festgesetzt auf
Donnerstag, den 10. Dezember 2009, 11 Uhr
1. Stock, Saal 155, Landgericht, Urbanstraße 20 (Gerichtsgebäude).