International
Erneute Massenproteste im Iran
28.12.09 - Zehntausende beteiligten sich am Wochenende an wieder aufflammenden Protesten im Iran gegen das verhasste Regime Ahmadinedschads. In der Hauptstadt Teheran und den Städten Isfahan, Schiras und Nadschafabad im Nordwesten gab es Demonstrationen mit den Rufen "Tod dem Diktator". Polizeieinheiten gingen mit aller Härte vor bis hin zu gezielten Schüssen auf Demonstranten. Nach unterschiedlichen Meldungen soll es dabei bisher mindestens 15 Tote gegeben haben.
Aber es gibt auch eine neue Entschlossenheit der Demonstranten. Erstmals seit dem Aufflammen der Proteste im Juni gelang es den Sicherheitskräften nicht, diese von der Enghelab-Achse in Teheran (einer zentralen Straßenverbindung im Stadtzentrum) abzudrängen. Polizisten wurden sogar entwaffnet, vereinzelt weigerten sich diese auch, Befehle des Regimes auszuführen.
"rf-news" sprach mit der Iranerin Zaman Masudi, Mitglied der Linkspartei, über die aktuelle Entwicklung in ihrem Heimatland: "Der Widerstand eskaliert immer an religiösen Feiertagen. Jetzt war es der höchste schiitische Feiertag, das Aschura-Fest. Sogar der 1979 gestürzte Schah wagte es nicht, an solchen Feiertagen gegen die Bevölkerung vorzugehen. Aber diese Regierung macht selbst vor solchen Feiertagen keinen Halt." Und sie betonte vor allem auch den Mut der Frauen, deren Anteil an den Demonstranten bei 40 Prozent liegt: "Die Frauenrechte sind am meisten beschnitten. Sie dürfen ohne Zustimmung der Väter und Brüder nicht arbeiten, sie dürfen nicht mal anziehen, was sie wollen usw. Deshalb haben die Frauen auch angefangen zu kämpfen. Je härter die Gesetze gegen Frauen sind, desto mehr Widerstand gibt es von ihnen."
Die jüngsten Ereignisse entfalten sich vor einer komplizierten Gemengelage in dem Land: Einerseits verstärkt sich die Rivalität innerhalb der herrschenden Klasse. Der Iran ist ein kapitalistischer Staat, an dessen Spitze eine Gruppe führender reaktionär-islamistischer Geistlicher steht, die untereinander um die Vorherrschaft rivalisieren. In den bürgerlichen Massenmedien werden sie als "Hardliner" und "Reformer" bezeichnet. Die sogenannten "Reformer" unter Oppositionsführer Mussavi haben aber selbst jahrelang den Terror gegen die Massen mitgetragen. Er selbst bekleidete von 1981 bis 89 führende Ministerposten. In seiner Amtszeit kam es 1988 zur größten Hinrichtungswelle, die der Iran je erlebte. Und er war Organisator des Krieges gegen den Irak.
Heute will vor allem der US-Imperialismus über solche Leute wieder den verlorenen Einfluss im Iran zurückzugewinnen, um eine unmittelbare Kontrolle durch das internationale Finanzkapital durchzusetzen. Das nutzt das faschistoide Regime des sogenannten "Hardliners" Ahmadinedschad demagogisch aus, um sich als "Feind der USA" einen antiimperialistischen Anstrich zu geben und sich als volksverbunden hinzustellen.
Die Proteste zeigen jedoch, dass die Ablehnung des Regimes durch die Massen zunimmt. Mit dem Fall der Ölpreise und Staatseinnahmen infolge der Weltwirtschaftskrise verschärfen sich die Klassenwidersprüche und verschlechtert die Lebenslage der Arbeiter, Bauen, kleinen Händlern und Intellektuellen. Steigende Preise und Massenarbeitslosigkeit schlugen sich in den letzten Jahren auch in wichtigen Arbeiterkämpfen, z.B. der Busfahrer oder der Arbeiter der Zuckerfabriken nieder, denen jede freie gewerkschaftliche Betätigung verboten ist. Noch ist die Arbeiterklasse nicht die bestimmende oder gar führende Kraft in den aktuellen Protesten. Unter den Demonstrierenden in den Großstädten sind vor allem viele Jugendliche.
Der Kampf der iranischen Volksmassen gegen das herrschende Regime ist gerecht und verdient die internationale Solidarität und Unterstützung. Sie werden lernen, zwischen wirklichen Freunden und Feinden zu unterscheiden und ihren Weg der sozialen und nationalen Befreiung finden.