Politik
Guido Westerwelle - der gelb-"blaue" Karnevalsprinz
15.02.10 - Passend zum diesjährigen Karneval schlägt der FDP-Chef und neue Außenminister Guido Westerwelle vollends über die Stränge. Nachdem sein unermüdlicher Einsatz für Steuersenkungen zugunsten "besserverdienender" Hoteliers und sonstiger Unternehmer die Wählerumfrage-Werte der FDP bereits halbiert hat, zieht er jetzt gegen die drohende "sozialistische Gleichmacherei" zu Felde. Was könnte hinter der wachsenden Kritik am Hartz-IV-Gesetz - der zuletzt auch das Bundesverfassungsgericht Tribut zollen musste - auch anderes stecken als "geistiger Sozialismus" (Originalton Westerwelle)?
Der fängt für Westerwelle nämlich schon bei der Forderung nach Erhöhung der ALG-II-Sätze an. Demagogisch setzt er auf die Spaltung von Arbeitenden und Arbeitlosen. Wer arbeite, werde mehr und mehr zum "Deppen der Nation", während den Hartz-IV-Empfängern "anstrengungsloser Wohlstand" und damit "spätrömische Dekadenz" versprochen würde.
Es sind aber gerade Leute wie Westerwelle und seine Förderer in den Führungsetagen internationaler Konzerne, die wegen ihrer Dekadenz und meilenweiten Entfernung von den Sorgen des Volks in die Kritik geraten. Sind sie doch mit ihrer Hartz-IV-Politik dafür verantwortlich, dass Langzeitarbeitslose enteignet, Niedriglöhne auf breiter Front durchgesetzt und die Monopolprofite in die Höhe getrieben wurden. Angesichts solch reaktionärer Dreistigkeit des Vizekanzlers gehen auch in den Koalitionsparteien die Tassen hoch.
In Anspielung auf Westerwelles Geschichtsanleihe höhnte der ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler, die "spätrömische Dekadenz" habe unter anderem darin bestanden, dass Kaiser Caligula einen Esel zum Konsul ernannt hatte. "Insofern stimmt Westerwelles Vergleich: Vor 100 Tagen ist ein Esel Bundesaußenminister geworden." Die spätrömische Dekadenz sei in Rom jedoch nicht unter den Sklaven und dem einfachen Volk verbreitet gewesen, sondern unter einer Luxuselite und einer Oberschicht von Reichen. Auch heute badeten Wohlhabende in ihrem Überfluss, während Millionen von Hartz IV und Mini-Jobs leben müssten und kaum davon leben könnten.
Auch in der FDP mehren sich Zweifel an Westerwelles Führungsstil. Parteivize Andreas Pinkwart forderte, dass mehr Persönlichkeiten aus der engeren Führung die Möglichkeit erhalten sollten, sich "zu profilieren". Ob dies das Problem der FDP und der "schwarz-gelben" Koalition insgesamt lösen würde, darf bezweifelt werden. Steckt sie doch in der Zwickmühle, Rückhalt für Forderungen der Monopole wie die nach einer weiteren Senkung der Hartz-IV-Sätze gewinnen zu müssen, die unter der Masse der Bevölkerung auf wachsende Ablehnung stoßen.
Westerwelles "Narrenritt" - wenn das keine Steilvorlage für die karnevalistische Abrechnung mit der Regierungspolitik ist? Diese wird heute bei den Montagsdemonstrationen und Rosenmontagszügen bundesweit im Mittelpunkt stehen. Die "tollen Tage" in Berlin werden mit dem Aschermittwoch allerdings noch nicht vorbei sein.
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