Sozialismus

Was geschah vor 70 Jahren in Katyn?

11.04.10 - Am Samstag starben 96 Menschen durch einen Flugzeugabsturz bei Smolensk. Unter ihnen waren der polnische Präsident Lech Kacynski und seine Frau und viele Personen aus der Führungsspitze Polens. Der Flugzeugabsturz hat in Polen und darüber hinaus Trauer und Betroffenheit ausgelöst – auch wenn der erklärte Antikommunist Kacynski in Teilen der Bevölkerung keineswegs beliebt war. Die Verunglückten waren auf dem Weg zu einer Trauerfeier anlässlich des Massakers von Katyn, bei dem angeblich vor 70 Jahren 4.000 polnische Offiziere starben.

Wie kam es zu diesem Verbrechen? Das Massaker wird von der bürgerlichen Geschichtsschreibung der sozialistischen Sowjetunion und Stalin zur Last gelegt. Dieser Vorwurf ist nicht neu, er stammt aus Goebbels Propaganda-Ministerium und wurde sofort von polnischen Antikommunisten im Exil weiterverbreitet. 

1939 überfiel die deutsche Wehrmacht Polen. Nachdem die Sowjetunion feststellte, dass die polnische Armee die deutschen Truppen nicht aufhalten konnte, besetzte sie den Osten Polens. Das rettete vielen Polen das Leben. Dabei kamen polnische Offiziere als Kriegsgefangene in ein Lager bei Katyn. 1941 marschierten deutsche Truppen in die Sowjetunion ein und brachten Polen vollständig unter ihre Kontrolle. Die Hitler-Wehrmacht mordete überall in Polen, so auch in Katyn. 

Goebbels beschuldigte 1943 stattdessen die Sowjetunion - ein Teil der antikommunistischen psychologischen Kriegführung der Faschisten. Die Sowjetunion bestritt das energisch und ließ nach 1945 die Gräber im Beisein internationaler Beobachter öffnen. 

Die "Rote Fahne" Nr. 42 von 2007 berichtete in einem ausführlichen, gründlich recherchierten Artikel: "Die Tochter des damaligen amerikanischen Botschafters in der UdSSR, Kathleen Harriman, war als Zeugin zugegen: 'Man erwartete von uns, daß wir die Erklärungen der hohen sowjetischen Funktionäre als wahr hinnähmen, weil sie sagten, daß sie wahr seien. Trotzdem bin ich der Meinung, daß die Polen von den Deutschen ermordet wurden.' John Melby vom Botschaftspersonal, der Miß Harriman begleitete, war ebenfalls mit den Beweisen nicht zufrieden. Er meinte: ‚Es ist offensichtlich, daß das Material der Russen in verschiedener Hinsicht unvollständig ist, daß es schlecht präsentiert und das Ganze nur für die Korrespondenten aufgeführt wurde, ohne die Gelegenheit zu unabhängigen Nachforschungen oder Prüfungen zu bieten. Alles in allem - und trotz der Lücken - ist die Argumentation der Russen jedoch überzeugend.'"

Es gab viele Indizienbeweise, wie Patronenhülsen der Fa. Geco aus Durlach sowie Schriftstücke aus der Zeit der deutschen Besatzung bei den Leichen. All das wird heute beiseite geschoben. Stattdessen werden als Beweis Kopien angeblicher russischer Dokumente benannt, in denen Namen von Kriegsgefangenen auftauchen. Selbst die bürgerliche "FAZ" bemerkte, das auch dort nirgendwo das Wort "Erschießung" auftauchte.

Warum beherrscht die Behauptung Goebbels zur Schuld Stalins so unbestritten die Medien und die Schulbücher? Was aussieht wie ein Streit über die Vergangenheit, ist ein Streit um die Zukunft. Die Herrschenden sitzen weltweit auf einem Pulverfass: In Kirgistan stürzte die Regierung, gegen Putin gibt es Demonstrationen, in Deutschland versorgt sich eine Million Menschen bei den "Tafeln". Die Suche nach einer gesellschaftlichen Alternative, das Interesse am Sozialismus wächst weltweit. Der Antikommunismus reagiert dagegen mit einer massiven Propaganda - und dazu dienen solche Geschichtslügen wie die von Katyn, für die die Herrschenden auch nicht vor der Übernahme faschistischer Fälschungen zurückschrecken.

(Zur ausführlichen Information hier der erste Teil des Artikels in "Rote Fahne 42/2007 im pdf-Format und hier der zweite Teil in "Rote Fahne" 43/2007)