Politik

"Jobwunder" Deutschland?

30.04.10 - In ihrer Arbeitslosenstatistik für April 2010 spricht die Bundesagentur für Arbeit von einem unerwartet kräftigen "Frühjahrsaufschwung". Die Zahl der Arbeitslosen sank demnach gegenüber dem Vorjahresmonat um 178.000 auf offiziell 3,4 Millionen. Die neuen Zahlen erscheinen wie gemacht für Regierungspropaganda: "Wir kommen langsam, aber sicher aus der krisenbedingten Talsohle am Arbeitsmarkt heraus", kommentierte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen.

In Wirklichkeit hat die Zahl der Arbeitslosen sogar zugenommen. Vertuscht wird das durch statistische Tricks. Schon seit Jahren werden Arbeitslose in Umschulungsmaßnahmen nicht mehr als arbeitslos gezählt. Neu seit dem Jahr 2009 ist, dass auch Arbeitslose, die mit privaten Vermittlern einen Arbeitsplatz finden sollen, nicht mehr in der Statistik auftauchen. "Ohne diese Änderung wäre die offizielle Arbeitslosenzahl um rund 8.000 höher als 2009", schreibt der "Kölner Stadt-Anzeiger" heute. 

Dass nicht noch mehr Leute offiziell arbeitslos sind, hängt auch mit der Krisendämpfungspolitik der Regierung zusammen: mit der mehrfachen Verlängerung der Kurzarbeiterregelung, der Abwrackprämie usw. Diese Maßnahmen haben sich deutlich auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt. Auch internationale Krisendämpfungsprogramme beeinflussen die stark exportabhängige deutsche Wirtschaft. 

Dazu kommt, dass immer mehr reguläre Vollzeitarbeitsplätze durch Teilzeit, Leiharbeit usw. verdrängt werden - das verschweigt die Statistik. So ist von Februar 2009 bis Februar 2010 die Zahl der Teilzeitarbeitsplätze um 200.000 gestiegen. Gleichzeitig gab es einen Rückgang der Vollerwerbsarbeitsplätze um 270.000. Kontinuierlich gestiegen ist auch die Zahl der befristeten Vollerwerbsarbeitsplätze von 32 Prozent 2001 auf insgesamt 47 Prozent im Jahr 2009.

Laut einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung liegt die Chance für Leiharbeiter, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden, inzwischen bei lediglich 7 Prozent. Das widerlegt die Politik der Bundesregierung, die die Leiharbeit seit Jahren als eine Methode zur Senkung der Arbeitslosigkeit preist. Die sinkende Zahl der Vollerwerbsarbeitsplätze wirkt sich besonders auf die Jugendlichen aus, die am meisten von Leiharbeit und Befristungen betroffen sind.

Ein entscheidender Grund dafür, dass die Arbeitslosigkeit nicht viel stärker gestiegen ist, ist die Arbeitszeitverkürzung - Überstunden wurden gekürzt, verlängerte Arbeitszeiten zurückgefahren usw. Für das Jahr 2009 hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in seinem Kurzbericht 3/2010 untersucht: "Die durchschnittliche Jahresarbeitszeit der Arbeitnehmer ging um 3,2 Prozent zurück, etwa durch Kurzarbeit und den Abbau der Guthaben auf den Arbeitszeitkonten. Die Verkürzung der gesamten Arbeitszeit entspricht rechnerisch rund 1,2 Millionen Beschäftigungsverhältnissen, die so gesichert wurden."

Das ist der Beweis, dass die Arbeitszeitverkürzung tatsächlich das wirksamste Mittel gegen die Arbeitslosigkeit ist. Das ist auch eine der wichtigsten Forderungen der Arbeiterbewegung, die am 1. Mai auf die Straße getragen werden: Für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich!

Wie es weitergeht mit der Arbeitslosigkeit, kann derzeit niemand genau sagen. Entwarnung ist allerdings nicht angebracht. "rf-news" wünscht einen schönen, kämpferischen 1. Mai!