Politik
1. Mai: Verbote von Ständen sind unrechtmäßig
28.04.10 - Zur Verweigerung von Ständen am 1. Mai sagte Rechtsanwalt Frank Stierlin (Gelsenkirchen) im Gespräch mit der "Roten Fahne":
"Die Verweigerung von Infoständen
gegenüber der MLPD auf DGB-Kundgebungen am 1. Mai widerspricht dem
geltenden bürgerlichen Versammlungsrecht. Bei öffentlichen
Versammlungen unter freiem Himmel hat der Veranstalter kein 'Hausrecht'. Er ist auch nicht berechtigt, bestimmte Personen
oder Personengruppen von der Teilnahme auszuschließen. Dieses Recht
hat nur die Polizei, und auch sie nur bei 'gröblicher Störung des
ordnungsgemäßen Ablaufs' der Versammlung (z.B. § 18 III
Versammlungsgesetz Berlin).
Die Äußerung kritischer bzw. vom
Veranstalter nicht erwünschter Meinungen ist kein Grund für einen
Ausschluss, sondern vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Art 8
Grundgesetz) geschützt, wie das Bundesverfassungsgericht in einem
Beschluss vom 11. Mai 1991 (Az.: 1 BvR 772/90) klargestellt hat. Im
Gegenteil: Weisungen des Veranstalters, die das Äußern einer
Gegenmeinung verbieten, sind unzulässig (so Dietel/Ginzel, Kommentar
zum Versammlungsrecht, § 19 Rn. 24).
Ob sich dieses unbedingte Teilnahmerecht auch auf den Aufbau von Info-Ständen erstreckt, ist noch nicht durch Gerichtsentscheidungen geklärt. Wenn ein Veranstalter aber zu einer öffentlichen Kundgebung einlädt und generell die Möglichkeit zu Info-Ständen bietet, darf er nicht willkürlich bestimmte Kräfte wegen ihrer politischen Einstellung oder Weltanschauung davon ausschließen. Das verstößt zumindest gegen den grundgesetzlich gebotenen Gleichheitsgrundsatz."
(siehe auch das Interview mit Rechtsanwalt Peter Weispfenning aus "Rote Fahne" 8/2009 anlässlich von Zensurmaßnahmen bei einer Qimonda-Demonstration in Dresden - im pdf-Format)