Frauen

Was Kristina Schröders Familienreport 2010 sagt und was er verschweigt ...

05.06.10 - Letzte Woche stellte Familienministerin Kristina Schröder (CDU) den "Familienreport 2010" der Bundesregierung vor. Die Besonderheit dieses Berichtes ist, dass er die Veränderungen der Lage der Familien seit Ausbruch der Weltwirtschafts- und Finanzkrise behandelt. Es ist keine Überraschung, dass sich die finanzielle Lage eines beachtlichen Teils der Familien durch staatliche Maßnahmen wie Elterngeld, Fahrtkostenrückerstattung  usw. leicht verbessert bzw. zumindest nicht verschlechtert hat.

Denn die Familienpolitik war ein Kernstück des international abgestimmte Krisenprogramms zur Dämpfung der Klassenwidersprüche: "Ohne die staatlichen Leistungen wären in Deutschland etwa doppelt so viele Kinder armutsgefährdet. Für mehr als 1,7 Millionen Kinder hat z.B. das Kindergeld eine armutsreduzierende Wirkung." (Familienreport, Vorspann) Ähnliche Maßnahmen wie in Deutschland sind laut Bericht in fast allen EU-Staaten ergriffen worden mit Ausnahme von Irland, wo das Elterngeld ab Anfang 2010 ganz abgeschafft wurde.

Auffällig in dem 143 Seiten langen Bericht ist, dass er die Lage der Familien mit statistischen Durchschnittswerten schön färbt. Von den steuerlichen Erleichterungen und Elterngeld profitieren vor allem Besserverdiendende. Nicht die Rede ist davon, dass viele Frauen in Teilzeitarbeit und "ungeschützten Arbeitsverhältnissen" sind und kaum davon leben können. Auffällig ist auch, dass keinerlei konkrete Aussagen darüber gemacht werden, wie die Regierung die Familienpolitik fortzusetzen gedenkt.

Dabei pfeifen es bereits die Spatzen von den Dächern und wird seit Wochen von den Spitzenverbänden der Monopole BDI und BDA lautstark gefordert, dass künftig drastisch der Rotstift geschwungen wird. Das wird besonders die Bereiche Erziehung, Gesundheit, Sozialleistungen und Einrichtungen und bei den Ausgaben für Familien und für die Jugend treffen.

Das wird die Lage der Familien dramatisch verschärfen. Man muss sich nur die Fakten in dem Bericht von ihren praktischen Auswirkungen in die Zukunft denken: Die chronische Krise der bürgerlichen Familienordnung vertieft sich. Die jährliche Geburtenzahl ist in den letzten zehn Jahren von 770.000 auf 663.000 stetig zurückgegangen und wird weiter sinken. Rund ein Drittel aller Kinder wachsen nicht in der klassischen Familie auf: "2008 waren 19 Prozent alleinerziehend, in den neuen Bundesländern ist  ein Viertel aller Familien alleinerziehend." (S. 21)

Besonders gravierend erweist sich, dass die Arbeitskraft eines Elternteils nicht mehr reicht, um die Existenz der Familien zu sichern. In den letzten 15 Jahren ist der "Anteil an den Familien, wo die Frau mehr als 60 Prozent des Familieneinkommens verdient in Ostdeutschland von 11,2 auf 14,8 Prozent gestiegen. (Das ist eine Steigerung um 32 Prozent), in Westdeutschland von 6,9 auf 10,6 Prozent" (S. 23) Das  entspricht einer  Steigerung von 53,6 Prozent. Da für vier Kinder unter drei Jahren nur für ein Kind ein Platz in einer Kinderbetreuungseinrichtung zur Verfügung steht, sind die Eltern oft in der Zwickmühle und auf den erweiterten Familienkreis angewiesen. Jetzt schon erklärt "etwa jede dritte Mutter und jeder vierte Vater, dass sie nicht genügend Zeit für Familie haben". (S. 28)

Frau Schröder setzt in ihren Schlussfolgerungen darauf, dass die Solidarität der Familien deren Probleme künftig stärker selbst auffangen solle und dass  eine "familienfreundliche Arbeitswelt" ihnen entgegen kommen solle. Darunter versteht sie die Verstärkung der Flexibilisierung, Teilzeitarbeit usw. Im Report heißt das "faire Chancen eröffnen und Zeit für Verantwortung geben - sowohl für die Kindererziehung als auch für die Pflege von Angehörigen". (Vorspann). Also will sie die Zerreißprobe der Familie mit den Bedingungen lösen, die deren Ursache sind: Die besondere  Ausbeutung der Masse der Frauen durch die Abwälzung der staatlichen Leistungen auf den Rücken der Familien und die doppelte Ausbeutung der werktätigen Frauen in den Betrieben. 

Festgestellt wird, dass "die Berufstätigkeit von Müttern kleiner Kinder immer stärker gesellschaftlich akzeptiert" wird. 1998 waren noch mehr als die Hälfte der Bevölkerung gegen eine Berufstätigkeit junger Mütter eingestellt. "In der Befragung 2008 sagten dies nur noch 32 Prozent der Frauen und 38 Prozent der Männer." (S. 132) Und des weiteren stellt die Ministerin fest, dass in vielen Familien die Solidargemeinschaft in der Krise gestärkt wurde. Sie will diese selbstlose und solidarische Grundeinstellung missbrauchen. Das wird ihr nicht gelingen, wenn Frauen und Männer auf dieser Basis ihren gemeinsamen Kampf gegen die Regierung und Monopole und  für die Befreiung der Frau  stärken.