Politik
Neue Werbekampagne der Bundeswehr an Schulen - weg mit den Jugendoffizieren!
10.07.10 - In den letzten Wochen haben bereits fünf Bundesländer mit der Bundeswehr Abkommen geschlossen, "mit denen die Bundeswehr offiziell Bildungspartner wird" ("Süddeutsche Zeitung, 21.6.10). Weitere werden folgen. Sie dienen dem flächendeckenden Einsatz von Jugendoffizieren an Schulen - bisher gibt es bereits 94 solcher Jugendoffiziere, ein flächendeckendes Netz ist im Aufbau. Ziel sei es, den "Blick" der Jugendlichen für die "Risiken unserer Sicherheit", die "Grundfeste unserer Freiheit" und die "nationalen Interessen" zu "schärfen", heißt es wortgleich in den Verlautbarungen von Kultusministerien und Streitkräften, denen offenkundig eine gemeinsame Sprachregelung zugrunde liegt ("german-foreign-policy.de", 18.6.10).
Ein Grund für diese Kampagne ist, dass die Bundeswehr gegenwärtig umstrukturiert wird. "Wir werden eine kleinere, flexiblere, professionellere, aber auch besser ausgestattete Armee für die Szenarien der Zukunft brauchen", sagt Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ("Kölner Stadtanzeiger", 28.6.10). Während der Minister sich dabei vorsichtshalber ausschwieg, welche Zukunft er meint, wurde die Bertelsmann-Stiftung vor einiger Zeit schon deutlicher.
Ihre Fachleute erwarten zukünftig in immer mehr Staaten "Krisen": "Die Rückkehr zu anarchischen Verhältnissen, in denen die internationalen Regelwerke versagen und die innere wie äußere Souveränität der Staaten zerbrochen ist, ist nicht auszuschließen. (...) Um den gewaltsamen Folgen von Staatsscheitern und regionalen Konflikten zu begegnen, braucht ... Europa insgesamt eine größere Zahl von in Krisengebieten weltweit einsatzfähigen Kräften, vor allem wenn mehrere Missionen gleichzeitig durchgeführt werden sollen und man der Faustregel von zehn Soldaten je 1.000 Einwohner der Krisenregion folgt." Mit wie vielen "Krisen" die Denkfabrik rechnet, offenbart ihre Einschätzung, dass "heute zwei Milliarden Menschen und somit fast ein Drittel der Weltbevölkerung in 'unsicheren' Staaten" (www.bertelsmann-stiftung.de).
Im Klartext bedeutet das nichts anderes, als dass die internationalen Übermonopole mit Massenwiderstand, Aufständen und revolutionären Bewegungen in vielen Ländern rechnen und sich darauf vorzubereiten versuchen, diese mit aller Gewalt zu ersticken. Aber die schnellen Eingreiftruppen brauchen auch Menschen, die die hochtechnisierten und teuren Vernichtungswaffen bedienen. Um für solche Einsätze Jugendliche zu gewinnen, werden die Jugendoffiziere als Ausbilder in den Unterricht für politische Bildung geschickt.
Dagegen entwickelt sich aber auch zunehmender Widerstand. Bereits Anfang Januar sprach sich die Landesschülervertretung Berlin gegen die Präsenz der Bundeswehr in öffentlichen Bildungseinrichtungen aus; wenig später demonstrierten in Freiburg rund 1.000 Eltern, Lehrer, Schüler und Studenten unter dem Motto "Bundeswehr raus aus dem Klassenzimmer" ("rf-news" berichete). Erst unlängst hat der Berliner Bezirkselternausschuss Friedrichshain-Kreuzberg zur Gründung einer Arbeitsgemeinschaft "Militärfreie Schule" aufgerufen. Ähnliche Aktivitäten entwickelten sich in Tübingen und anderen Städten.
Am 30. Juni fand eine Protestveranstaltung in Frankfurt/Main statt. Man werde "nicht tatenlos zusehen", wie an "Universitäten Kriege vorbereitet werden" und an "Schulen das Militär einzieht", erklärt die GEW-Studierendengruppe: "Stoppt Kriegsforschung an den Hochschulen – Bundeswehr raus aus den Schulen!" Der Jugendverband REBELL der MLPD fördert aktiv den antimilitaristischen Kampf, unter anderem mit der Losung: "Die Verpflichtung bei Bundeswehr und Polizei ist kein Ausweg für die Jugend - Auflösung der NATO und der Interventionseinheiten der Bundeswehr!"