Umwelt

Entwarnung am Golf von Mexiko?

18.07.10 - Am Donnerstag wurde weltweit über die bürgerlichen Medien verbreitet, dass es BP gelungen sei, das seit dem 22. April sprudelnde Bohrloch im Golf von Mexiko mit einer Vorrichtung zu schließen. Und nach einigen Versuchen könne mit dem Abpumpen des Öls begonnen werden. Wenn es tatsächlich gelingt, das Sprudeln der Ölquelle zu stoppen, wäre das eine Erleichterung für die großen Sorgen und Ängste von Millionen Menschen. Allerdings müssen die "Erfolgsberichte" auch kritisch hinterfragt werden. Die Berichterstattung über die Ölkatastrophe unterliegt derselben Medienzensur wie bei der imperialistischen Aggression gegen Irak oder Afghanistan.

Küstenwache, Polizei und Sicherheitsdienste schirmen die Region völlig ab. Mit der Medienzensur soll versucht werden, der weltweit und vor allem in den betroffenen Küstenregionen der USA anwachsenden Wut und Empörung der Menschen auf die Regierung und die skrupellose Profitjagd der Ölmultis zu begegnen. Der CNN-Reporter Anderson Cooper berichtete Anfang Juli mutig beim US-Sender CNN, dass die US-Regierung eine neue Vorschrift mit Gesetzeskraft erlassen hat, wonach sich jeder Journalist, Reporter oder Fotograf strafbar macht, der den Aufräum- und Auffangmaßnahmen, einem Gerät oder Schiff im Golf von Mexiko zu nahe kommt. Jedem, der erwischt wird, drohen Verhaftung, ein 40.000-Dollar-Bußgeld und eine Anklage wegen "schweren Verbrechens".

Aktuelle Satellitenbilder von der Ausbreitung des Ölteppichs dürfen nicht gezeigt werden. Kritische US-Journalisten befürchten, dass die von BP weltweit verbreiteten Videos und Bilder vom gestoppten Ölfluss überhaupt nicht von der durch die Havarie sprudelnden Quelle stammen.

Präsident Obama griff in der Öffentlichkeit das Umweltverbrechen von BP massiv an und zwang BP unter dem Druck der Weltöffentlichkeit zu Strafzahlungen und Schadensersatz in bisher nicht gekannter Höhe. Dennoch verharmloste auch die US-Regierung das Ausmaß der Katastrophe. Unmittelbar nach Explosion der Bohrinsel erklärte die Obama-Regierung, dass 189.000 Liter pro Tag aus dem Meeresboden sprudelten. Fünf Tage später waren es 945.000 Liter pro Tag. Vergangene Woche musste Präsident Obama einräumen, dass täglich mehr als 10 Millionen Liter Öl austreten.

Mit dem Öl sprudeln auch zahlreiche Giftgase aus dem Meeresboden , denen jeder in der Golfregion ausgesetzt ist. Die Gase enthalten Schwefelwasserstoff und Methylenchlorid. Der zulässige Grenzwert der US-Umweltbehörde EPA für Schwefelwasserstoff von 5 bis 10 ppb (Teile pro Milliarde) wurde bereits Anfang Mai um das Hundertfache überschritten. Der Wert für Methylenchlorid, das dafür bekannt ist, Leberschäden, Hautschäden und Krebs zu verursachen, wird in der  Luft am Golf von Mexico auf einem Niveau von 3.000 ppb gemessen, 61 ppb sind "zulässig". Um das ausgetretene Öl zu zersetzen, setzt BP Millionen Liter des in Großbritannien verbotenen, hochgiftigen chemischen Dispergiermittels "Corexit" ein. Es ist viermal giftiger als Rohöl und ätzt sich durch die Bootsrümpfe der Fischer im Golf.

Hunderte von Arbeitskräften, die bei den Aufräumarbeiten an den US-Küsten eingesetzt sind, leiden an Gesundheitsbeschwerden oder sind erkrankt. Berichte darüber werden von der US-Regierung ebenso unterdrückt wie Studien über die enormen ökologischen und klimatischen Folgen, wenn sich das Öl mit dem Golfstrom in den Atlantik bis nach Island und in die Nordsee ausbreitet. Selbst wenn es gelingt, das Sprudeln der Ölquelle einzudämmen, werden die Folgen des Umweltverbrechens für Mensch und Natur Jahrzehnte zu spüren sein. Eine sofortige Einstellung jeglicher Offshore-Ölförderung kann von einer weltweiten Widerstandsbewegung zum Schutz von Natur und Umwelt durchgesetzt werden. 

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