Jugend

19 Tote bei Love-Parade in Duisburg: Wie konnte es zu solch einer Katastrophe kommen?

25.07.10 - Voller Trauer, Fassungslosigkeit, aber auch Empörung legten in Duisburg heute den ganzen Tag über Menschen Blumen für die Opfer der gestrigen Katastrophe während der Love-Parade am Güterbahnhof nieder. Viele kritisieren die völlig unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen und fordern den Rücktritt von Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) und anderen Verantwortlichen. Mittlerweile 19 Tote und 511 zum Teil schwer Verletzte hat das entsetzliche Gedränge im einzigen Zugang zum Love-Parade-Gelände in einer Eisenbahn-Unterführung gekostet. 

Während die Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet hat, verteidigte OB Sauerland allen Ernstes das angeblich "stichhaltige Sicherheitskonzept" der Ordnungsbehörden. Die Schuld an dem schrecklichen Vorfall sieht er vor allem in "individuellen Schwächen" der Party-Gäste. Von den eigentlichen Ursachen wird damit unverfroren abgelenkt. Die bisher bekannten Fakten zu den Zusammenhängen der Katastrophe werfen zahlreiche Fragen auf:

- Schon im Vorfeld gab es zahlreiche Bedenken, ob Duisburg als Veranstaltungsort einer solchen Massen-Party nicht zu beengt ist. Aus dem zunächst für letztes Jahr geplanten Veranstaltungsort Bochum wurde die Love-Parade genau aus diesem Grund verlegt. Dennoch wurde auch in Duisburg ein Gelände zur Verfügung gestellt, das gerade mal für 350.000 Teilnehmer Platz bot. Es war aber aus den vergangenen Jahren klar, dass weitaus mehr kommen würden. Der ursprüngliche Initiator der Love-Parade, der Berliner Dr. Motte, klagt an, dass man "aus Profitgier bei den Sicherheitsvorkehrungen gespart" habe.

- Dazu gehört offenbar auch das Konzept, das ganze Gelände abzuzäunen und nur über einen Zugang erreichbar zu machen. Offenbar sollte dadurch verhindert werden, dass Teilnehmer unkontrolliert in die Stadt ziehen. Die größten Kosten entstanden den Organisatoren in den vergangenen Jahren durch den hohen Aufwand an Ordnungs- und Reinigungskräften, während ihnen auf einem umzäunten Gelände natürlich auch alle Einnahmen zugute kommen.

- Es gab schon im Vorfeld zahlreiche Warnungen, dass der einzige Zugang durch die Bahnunterführung zu einer "Falle" werden könnte. Kenner der Örtlichkeiten warnten z.B. in Internet-Blogs, so im Anhang eines Artikels von "DerWesten.de" am 22. Juli: "Sehe ich das richtig, dass die versuchen 1 Million Menschen über die 1-spurige! TUNNELSTRAßE! Karl-Lehr-Straße mit zwischendurch 2 kleinen Trampelpfaden hoch zum Veranstaltungsgelände zu führen? Also in meinen Augen ist das ne Falle, das kann doch nie und nimmer gut gehen. ... Ich seh schon Tote wenn nach der Abschlußkundgebung alle auf einmal über diese mickrige Straße das Gelände verlassen wollen." Die Behörden zogen daraus jedoch keinerlei Konsequenzen.

- Während von den Verantwortlichen nun teilweise der Alkohol- und Drogenkonsum der Teilnehmer für die Massenpanik verantwortlich gemacht wird, versuchten diese selbst, nicht nur möglichst viele Eingeklemmte oder am Boden Liegende zu retten, sondern alarmierten auch vor und während der Katastrophe die Polizei - die ebenfalls zunächst untätig blieb. Zynisch erklärte heute Detlef von Schmeling vom Polizeipräsidium Duisburg auf der Pressekonferenz, Teil des Sicherheitskonzeptes sei gewesen, gerade "den Zugang zum Tunnel zu regulieren". Wie konnte dann die gefahrvolle Enge übersehen werden?

- Statt im Vertrauen auf die Teilnehmer die Veranstaltung organisiert und kontrolliert abzubrechen, wurden die allermeisten noch stundenlang über die Vorkommnisse im Unklaren gelassen. Als dann auch der Hauptbahnhof in Duisburg völlig überfüllt war, wurden Jugendliche einfach mit den Bussen zu anderen Bahnhöfen gekarrt und teilweise ohne Geld und Fahrkarte sich selbst überlassen.

Der kaltschnäuzige und profitorientierte Umgang mit einer solchen Masse von Menschen und Jugendlichen bringt die ganze Arroganz der Herrschenden gegenüber der Jugend zum Ausdruck, denen weder zugetraut wird, selbst Verantwortung zu übernehmen, noch in schwierigen Situationen überlegt zu handeln. Das steht im krassen Gegensatz zu Erfahrungen mit anderem Massenveranstaltungen wie kürzlich dem "Stillleben" auf der A 40 oder den Internationalen Pfingstjugendtreffen, die von Jugendlichen selbst organisiert und unter anderem von MLPD und REBELL unterstützt werden. Vielmehr sind es die Herrschenden, die in einer weiteren Frage vollständig versagt haben.

Zurecht wollen die Menschen nicht hinnehmen, dass sie sich wie so oft erneut aus ihrer Verantwortung stehlen. Notwendig ist die lückenlose Aufklärung der Ursachen der Katastrophe von Duisburg und die Bestrafung aller dafür Verantwortlichen!