Politik

Alleinerziehende Frauen: Wachsende Armut trotz Berufstätigkeit

03.08.10 - Das Statistische Bundesamt hat am 29. Juli im Rahmen einer "Mikrozensus 2009" genannten Haushaltsbefragung eine Analyse über "Alleinerziehende in Deutschland" veröffentlicht. Danach hat sich die Zahl der alleinerziehenden Mütter (und Väter) seit 1996 um ca. 20 Prozent auf 1,6 Millionen erhöht. 2,4 Millionen Kinder leben in diesen Haushalten. Den Löwenanteil der Alleinerziehenden bilden die Frauen (1,4 Millionen). Je jünger die Kinder, umso mehr geraten sie in die "Armutsfalle": Kinder unter drei Jahre, geringe Erwerbstätigkeit, niedriges Familieneinkommen - bei 54 Prozent bedeutet dies ein monatliches Netto-Familieneinkommen unter 1.100 Euro, alle Einkünfte eingerechnet. So sind insgesamt 31,3 Prozent der alleinerziehenden Mütter auf sogenannte "Transferleistungen" angewiesen - eine Umschreibung von Hartz IV, "Sozialhilfe" und ALG I.

Hinter diesen nackten Zahlen verbirgt sich ein täglicher Kampf, den Alltag und die Befriedigung der einfachsten menschlichen Bedürfnisse wie Nahrung, Kleidung, Heizung, Ausbildung usw. in den Griff zu bekommen. Die Zahlen des Bundesamts zeigen aber auch eine andere Entwicklung, die die materielle Grundlage für ein wachsendes Selbstbewusstsein der betroffenen Frauen ist und die in der meist "mitleidigen" Medienberichterstattung ausgeklammert wird.

So ist die Erwerbstätigkeit der alleinerziehenden Mütter mit 60 Prozent nach wie vor sehr hoch. Davon arbeiten 42 Prozent in Vollzeit - bedeutend mehr als die Mütter in den sogenannten "Paarfamilien". Die Vollzeitarbeit ist allerdings durch die steigende Massenarbeitslosigkeit und chronische Unterbeschäftigung seit 1996 gesunken. Damals lag sie noch bei 61 Prozent. Von den 49 Prozent der Müttern ohne Arbeitsstellen suchen aber - so die Erhebung - 37 Prozent aktiv eine Arbeit.

Die alleinerziehenden Mütter verdienen ihren Lebensunterhalt und den ihren Kinder zu ca. 60 Prozent selbst! Dabei müssen sie praktisch "für zwei" arbeiten, denn ein Partner mit einem weiteren Einkommen fehlt. Die für Frauen um ca. 25 Prozent niedrigeren Löhne und Gehälter erwähnt der Bericht nur am Rande.

All das ist eine Anklage gegen die den Massen aufgezwungenen Lebensverhältnisse im Kapitalismus - und das in einem der reichsten Länder der Welt. Auch die Lage der alleinerziehenden Väter wird angesprochen, sie ist nicht ganz so krass. Aber auch 36 Prozent von ihnen müssen mit einem monatlichen Nettoeinkommen von unter 1.100 Euro klar kommen.

Die Untersuchung belegt eine Vertiefung der chronischen Krise der bürgerlichen Familienordnung. Diese Familienordnung soll eigentlich "die Produktion und Reproduktion des menschlichen Lebens in der kapitalistischen Gesellschaft gewährleisten" (Parteiprogramm der MLPD, S. 20). Ihre Krise stellt aber im Gegenteil "die Funktionsfähigkeit des kapitalistischen Systems in Frage und bildet die gesellschaftliche Basis für einen neuen Aufschwung des Kampfs für die Befreiung der Frau" (s.o.).

Dies alles werden wichtige Fragen auf dem Frauenpolitischen Ratschlag vom 1. bis 3. Oktober in der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf sein. Dort wird es ein eigenes Forum "Erwerbstätige Frauen" geben, für das gerade die Werbematerialien erschienen sind. Im März 2011 findet dann die Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen in Venezuela statt, von der wichtige Impulse für den weltweiten Kampf zur Befreiung der Frau ausgehen werden.