Umwelt
Merkels Energie-Rundreise - eine Reise der Heuchelei
21.08.10 - Bundeskanzlerin Merkel hat letzte Woche eine "Energiereise" gestartet, auf der sie sich laut Website der Bundesregierung "ein Bild über Stand und Entwicklung der regenerativen Energien hierzulande machen" und in Gesprächen mit Fachleuten erfahren will, "wie die Menschen die Herausforderungen der Zukunft im Energiebereich sehen". Ihre PR-Tour führte sie am letzten Mittwoch bereits zum "Bürgerwindpark Ravensberg-Krempin" in Mecklenburg sowie zur Europäischen Energiebörse in Leipzig. In der kommenden Woche stehen ein Kernkraftwerk und ein neues Gas- sowie ein Dampfturbinen-Kraftwerk in Lingen auf dem Programm. Dann folgen eine Bioenergie-Heizkraftanlage in Emsbüren, ein Kohlekraftwerksneubau in Lünen, ein Wasserkraftwerk in Rheinfelden sowie Besuche bei Turbinen- und Windkraftrotoren-Herstellern.
Etwas über die Sorgen und Befürchtungen der Menschen zu erfahren angesichts der geplanten Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke oder des Neubaus zahlreicher Kohlekraftwerke - das ist allerdings nicht das Ziel dieser Reise. Vielmehr soll damit die reaktionäre Verschärfung der Atompolitik in ein "umweltgerechtes" Licht gerückt werden.
Von Anfang an war die Laufzeitverlängerung Bestandteil des Regierungsprogramms von "Schwarz-Gelb - ganz so, wie es die Atomkonzerne mit dem "Atomkonsens" der ehemaligen SPD/Grünen-Regierung von vornherein planten. Die Stilllegung der AKW´s sollte damit vor allem so lange hinausgezögert werden, bis eine CDU/CSU-geführte Regierung erneut den "Ausstieg aus dem Ausstieg" durchsetzen würde.
Es ist eine einzige Heuchelei, wenn dies nun als "Brückentechnologie" verkauft wird, die angeblich die Ersetzung durch regenerative Energien vorbereiten würde. Tatsächlich werden gleichzeitig die Förderprogramme für Solarenergie und andere regenerative Techniken systematisch herunter gefahren, dehnen die Atomkonzerne ihre Forderungen nach längeren Laufzeiten immer weiter aus. In einem Gutachten, das die Regierung erstellen ließ, wurden die darin "berechneten Szenarien für vier, zwölf, 20 und 28 Jahre Laufzeitplus" eindeutig "zugunsten längerer Laufzeiten verzerrt", wie "Die Zeit" berichtet.
Zuletzt wurde versucht, solche Laufzeitverlängerungen damit zu verkaufen, dass die Konzerne wenigstens kräftig dafür "zahlen"müssten. Selbst die von der Regierung dafür beschlossene "Brennelementesteuer" macht jedoch nur einen Bruchteil der erwarteten Extraprofite aus. 2,3 Milliarden Euro Steuern jährlich stünden rund 10 Milliarden Euro zusätzlicher Profite für jedes Jahr längerer Laufzeit gegenüber.
Aber auch das ist den Atomkonzernen noch zu viel. Mit Anzeigen-Kampagnen und der Drohung, die deutschen Atomkraftwerke sofort abzuschalten, setzen sie alle Hebel in Bewegung, noch längere Laufzeiten durchzusetzen und selbst die "Brennelementesteuer" zu verhindern. PR-mäßig war diese Drohung mit der Abschaltung ein Schuss nach hinten, belegt sie doch, dass dies jederzeit möglich wäre und einzig und allein die Profigier der Konzerne sowie die Atompolitik der Regierung dem im Wege stehen.
Schon zerbrechen sich die Regierungspolitiker den Kopf, wie sie nun auch die Abkehr von der "Brennelementesteuer" nun den Leuten verkaufen sollen. Der angebliche "Hardliner" Umweltminister Norbert Röttgen, reduziert sich inzwischen darauf, dass eine solche Steuer "am besten" wäre, ohne daran festzuhalten. Das Finanzministerium hat im Prinzip bereits einen Deal mit dem Konzernen ausgehandelt. Diese haben angeboten, bei einer deutlichen Verlängerung der Laufzeiten einen einmaligen zweistelligen Milliardenbetrag für einen sogenannten "Ökofonds" aufzubringen. Selbst bei einem Betrag von 30 Milliarden Euro für eine Laufzeitverlängerung von zehn Jahren wäre das für die Konzerne höchstprofitabel. Mit so einem Modell könnten die Konzerne selbst noch Steuern sparen und gleichzeitig vom Geld aus diesem Topf zum Ausbau erneuerbarer Energien profitieren.
Das zeigt, jegliche Hoffnungen auf die Regierung, dass sie dem "Druck" der Konzerne "widerstehen" könne, sind fehl am Platz. Die Verschärfung der reaktionären Atompolitik setzt die Verstärkung des aktiven Widerstands für die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen auf Kosten der Betreiber auf die Tagesordnung.