Umwelt

Geheimpapiere enthüllen: "Schwarz-gelber" Atomdeal schützt umfassend die Maximalprofite der Energiekonzerne

10.09.10 - Mittlerweile werden immer mehr Details darüber bekannt, welche weitgehenden Zugeständnisse und Garantien die Regierung den Atomkonzernen bei ihrem Atomdeal gemacht hat. Sie gehen aus einer bis gestern geheim gehaltenen zehnseitigen Zusatz-"Notiz" und einer vertraulichen "Nachrüstungsliste" hervor. "Sicherheit geht vor", lobte Bundeskanzlerin Merkel die Vereinbarung mit den Energiekonzernen. Tatsächlich werden sie darin noch weitgehender als bisher von Sicherheitsstandards und dringend erforderlichen Nachrüstungen befreit.

Das Fernsehmagazin "Monitor" deckte auf, dass in der "Nachrüstungsliste" als "kurzfristige Maßnahmen" nur solche vorgesehen sind, die unabhängig von jeder Laufzeitverlängerung ohnehin anstanden. "Grundlegende Maßnahmen", wie z.B. der Austausch veralteter Rohrleitungen, werden dagegen auf die lange Bank geschoben. Bereits die SPD/Grünen-Regierung hatte die Konzerne davon weitgehend befreit, weil die Alt-AKWs angeblich bald vom Netz gehen sollten. Für diese AKWs, bei denen solche Nachrüstungen am dringendsten nötig wären, fallen sie nun faktisch ganz weg, da sie vor ihrem nun gelanten Laufzeitende gar nicht mehr vorgesehen sind.

Für einige sicherheitsrelevante Bereiche soll zukünftig nur noch eine "Sorgepflicht" der Konzerne gelten. Das heißt nach Aussagen von Atomexperten, dass es bereits ausreicht, wenn die Monopole ihr "Bemühen" oder "erste Aktivitäten" zur Behebung von Mängeln zu erkennen geben. Jeder objektive Maßstab entfällt - eine eindeutige Verschlechterung sogar gegenüber den bisherigen gesetzlichen Grundlagen.

Das Zusatzpapier sieht aber auch vor, dass die Konzerne ihre Zahlungen in den Fonds für regenerative Energien - von Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) als großer Erfolg gefeiert - jederzeit kürzen können, wenn die geplante Kernbrennstoffsteuer mehr als die angepeilten 2,3 Milliarden Euro einbringen sollte. Es garantiert den Konzernen, dass die neue Steuer nicht über 145 Euro pro verarbeitetem Gramm Uran oder Plutonium liegen und nicht länger als bis 2016 erhoben wird. Angesichts der geplanten durchschnittlichen Verlängerung der AKW-Laufzeiten um 12 Jahre sind die Konzerne also bereits nach der Hälfte der Zeit von allen Schmälerungen ihrer Zusatzprofite befreit, die auf insgesamt 120 Milliarden Euro geschätzt werden (siehe "rf-news"-Meldung).

Darüberhinaus ist es keineswegs sicher, ob die Steuer überhaupt Bestand hat. Die Regierung erkennt ausdrücklich an, dass die Konzerne "erhebliche Zweifel an der rechtlichen Zulässigkeit der Erhebung der Kernbrennstoffsteuer" haben und dagegen klagen können.

Die Zahlungen in den Fonds für erneuerbare Energien mindern sich ebenfalls, wenn die Kosten "für Nachrüstungs- oder Sicherheitsanforderungen einen Gesamtbetrag von 500 Millionen Euro" pro Kraftwerk überschreiten. Zudem sichern sich die Konzerne gegen weitere Kosten für die Entsorgung des radioaktiven Abfalls ab.

In einer Pressemitteilung der "Bürgerbewegung für Kryo-Recycling und Kreislaufwirtschaft e.V." heißt es dazu: "Im Kern bedeutet diese Übereinkunft, dass der Schutz der Profite von E.on, Vattenfall, EnBW und RWE höchste Priorität für diese Regierung hat. Die richtigen Argumente gegen den Betrieb von AKWs, wie die unlösbare Frage der Entsorgung des radioaktiven Mülls, die Gefahren eines katastrophalen Gaus oder die Strahlenbelastung durch die AKWs, werden einfach ignoriert. Nur um Strom zu erzeugen, werden tausende Generationen und die Biosphäre unkalkulierbaren Risiken ausgesetzt. ...

Kanzlerin Merkel spricht von einer 'Revolution in der Energieversorgung'. In Wahrheit behindert die Vereinbarung die rasche Umstellung der Energieversorgung auf die Basis der erneuerbaren Energien und richtet sich damit direkt gegen den Klimaschutz. Die Nachtsitzung in Berlin hat allerdings auch Klarheit geschaffen.

Die Umweltbewegung kann nicht auf die Einsicht dieser Regierung oder der Energiekonzerne hoffen. Um Maximalprofit zu erzielen, sind die Konzerne bereit, jedes Risiko einzugehen. Es ist deshalb notwendig, den politischen Widerstand zu organisieren. Die Bürgerbewegung unterstützt deshalb die Proteste am 18.9.2010 in Berlin unter dem Motto: Atomkraft - Schluss jetzt!"

(mehr zu diesem Thema in der nächste Woche erscheinden Druckausgabe der "Roten Fahne" - sie kann hier bestellt werden)