Umwelt
AKW-Laufzeitverlängerung und "Enteignungsgesetz" gegen breiten Widerstand der Bevölkerung beschlossen
28.09.10 - Trotz massiver Proteste der letzten Monate und gegen den erklärten Mehrheitswillen der Bevölkerung hat die Bundesregierung heute im Rahmen eines "Energiekonzepts" die Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke um acht bis 14 Jahre beschlossen. Die 17 deutschen AKWs würden demnach im Schnitt 12 Jahre länger am Netz bleiben als es nach dem bisherigen "Atomkonsens" schon möglich ist. Bereits im Vorfeld war bekannt geworden, wie damit umfassend die Pläne der Energiekonzerne durchgesetzt werden (siehe "rf-news"-Artikel vom 10.9. und "rf-news"-Artikel vom 28.8.). Vollmundig behauptete Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) auf der heutigen Pressekonferenz dennoch zu den Sicherheitsstandards für die mehr und mehr maroden AKWs: "Da wird kein Wörtchen und kein Komma weggenommen."
Wie weit es damit her ist, zeigen unter anderem die Pläne der Bundesregierung zum Ausbau des Salzbergwerks Gorleben zu einer riesigen Endlagerstätte für Atommüll. Entgegen allen Sicherheitsbedenken und dem entschlossenen Widerstand in der ganzen Region werden diese Pläne nun nach zehn Jahren Pause wieder aufgenommen. Dazu wurde heute extra ein "Enteignungsgesetz" beschlossen werden, das es ermöglicht, über den Ausläufern des Salzstocks Grund und Boden zu enteignen. Auf Antrag des Bundesamtes für Strahlenschutz wurden die Pläne für die weitere untertägige Erkundung des Salzstockes genehmigt.
Der Rahmenbetriebsplan gilt bis zum 30.9.2020. Rund 150 Grundstückseigentümer hatten per Vertrag zugelassen, dass der Salzstock erkundet werden darf. Doch diese Verträge laufen im Jahre 2015 aus, müssten also vor einer weiteren Erkundung neu verhandelt werden. Falls ein Eigentümer widerspricht, könnte die Erkundung nicht fortgeführt werden. Das versucht die Bundesregierung mit einer möglichen Enteignung zu umgehen. Betrügerisch wird das Projekt als "Erkundungsbergwerk" bezeichnet. Die Bundesregierung erwägt auch die Privatisierung der Atommülllager, damit lässt sich Riesenprofit einfahren.
Alleine in Deutschland entstehen durch den Betrieb der Kernkraftwerke jedes Jahr 500 Tonnen hochradioaktiver Atommüll. Wie gefährlich der Atommüll ist, zeigt ein Beschluss des US-Bundesgerichtes, worin eine Sicherheitsgarantie von 10.000 Jahren gerügt und mindestens eine Million Jahre verlangt werden. Abgesehen davon, dass auch das eine Luftnummer ist, werden damit gigantische Risiken für die Existenzgrundlage der Menschheit zukünftigen Generationen aufgebürdet. Und in Gorleben gibt es bereits jetzt schon zahlreiche Hinweise auf eine Durchlässigkeit des Salzstocks für Wasser und Lauge sowie Gase und flüssige Kohlenwasserstoffe (siehe "rf-news" vom 16.9.).
Die Menschen in der Region sitzen in den Startlöchern, um Widerstand zu leisten. Bereits für den 2. Oktober sind erste Aktionen wie Straßenblockaden angekündigt, am 23. Oktober findet ein bundesweiter Castor-Strecken-Aktionstag statt und für den 6. November ist eine bundesweite Großdemonstration in Dannenberg geplant. Auch die heutige Kabinettssitzung wurde von Protesten vor dem Kanzleramt sowie an vielen AKW-Standorten gegen die Regierungsbeschlüsse begleitet. Der Sprecher der Organisation "Ausgestrahlt", Jochen Stay, kündigte am Montag an, dass "überall im Land ... in den nächsten Wochen gegen den radikalen Atomkurs der Bundesregierung demonstriert" werden soll.