Politik
Bosch scheitert mit dem Versuch, Flugblatt-Verteiler zu bestrafen
Stuttgart (Korrespondenz), 28.09.10: Am 27. September verhandelte das Amtsgericht Nürtingen über eine Anklage des Hausfriedensbruchs. Die Staatsanwältin wollte Rainer Jäger, der wiederholt auf dem Bosch-Parkplatz in Leinfelden bei Stuttgart Flugblätter verteilt hatte – trotz Verbot von Werkschutz und Polizei –, zu einer Geldstrafen von 600 Euro verurteilen lassen. Das Gericht war auf einen politischen Prozess vorbereitet, hatte kurzfristig die Zahl der Zuhörer begrenzt und die Durchsuchung ihrer Taschen angeordnet.
Der Angeklagte legte gleich zu Beginn ein "Geständnis" ab: Er hatte tatsächlich MLPD-Flugblätter auf dem Grundbesitz der Fa. Bosch verteilt. Aber er hatte nicht die Straftat des Hausfriedensbruchs begehen, sondern sein Informationsrecht wahrnehmen wollen: das Recht der Arbeiterpartei MLPD, im Bundestagswahlkampf auch die Bosch-Beschäftigten zu informieren, und deren Recht, selbst zu entscheiden, mit welchen Informationen sie sich auseinandersetzen. Die Fa. Bosch dagegen wollte Polizei und Gericht benutzen, um Informationen zu unterdrücken, die ihr missfallen. Sie wollte ihr Informationsmonopol gerichtlich absichern: eigene Veröffentlichungen auf dem Betriebsgelände verteilen, aber andere verbieten.
Der verteidigende Rechtsanwalt legte überzeugend dar, dass der nach allen Seiten offene Parkplatz überhaupt kein "befriedetes Besitztum" darstellen kann, bei dem von Hausfriedensbruch zu sprechen wäre, selbst wenn jemand trotz Verbot dort hingeht oder sich aufhält. Dass der Prozess mit einem klaren Freispruch endete, freute die Zuhörer, unter denen auch ein Journalist von der "Nürtinger Zeitung" war. Wie die Staatsanwaltschaft und die Fa. Bosch nun reagieren werden, bleibt noch abzuwarten. Zunächst jedoch ist die Freude groß, dass der Fa. Bosch eine Niederlage bereitet werden konnte.