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Kämpfen wie in Frankreich!

20.10.10 - Seit dem 12. Oktober steigern sich die kämpferischen Aktionen in Frankreich Tag für Tag. Gestern fanden landesweit 277 Demonstrationen statt. Fortgesetzt streikt seit Tagen ein Teil der Beschäftigten bei der Bahn und bei den Vorortzügen, bestreikt werden inzwischen alle 12 Raffinerien in Frankreich. Protestierten am Anfang vor allem die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, stellen sich nun mehr und mehr die Industriearbeiter an die Spitze. Mit vorne dran sind die Jugendlichen, nicht nur Schüler und Studenten, sondern auch arbeitende und arbeitslose Jugendliche aus den Banlieues, den verarmten Vorstädten.

Sie alle haben die von Präsident Nikolas Sarkozy gesuchte Machtprobe um die Rentenreform angenommen. Schon länger gärt es im Land. 71 Prozent halten die Streiks, Proteste und Blockaden für gut. Die Streiks haben inzwischen neben der Bahn, dem öffentlichen Nahverkehr, einem Teil der Verwaltungs- und Lehrbetriebe auch die Post sowie France Telecom erfasst. Bestreikt wird auch der für das gesamte Wirtschaftsleben bedeutsame Energiesektor. Lkw-Fahrer blockieren Fernstraßen unter anderem durch gemeinsames Fahren im "Schneckentempo" und behindern dadurch ebenfalls die reibungslose Aufrechterhaltung der Produktion in den Betrieben.

Die Arbeiter in den Betrieben sind über die geplanten Heraufsetzung des Rentenalters (von 65 auf 67 für den Erhalt des vollen Rentenanspruchs und von 60 auf 62 für den frühestmöglichen Rentenantritt) unter anderem auch deshalb so empört, weil sich die Ausbeutung in den letzten Jahren enorm verschärft hat und ihre Arbeitsbedingungen eher verschlechtert haben. Viele seien in der Fabrik gefährlichen Chemikalien ausgesetzt, berichtet ein Raffineriearbeiter gegenüber einem Reporter. "Anderswo mag die Lebenserwartung gestiegen sein, bei uns ist sie es nicht. Da krepierten die Leute mit 65. Sie bis 62 arbeiten zu lassen, ist einfach brutal." Die Belegschaft habe sich zu 90 Prozent für die Fortsetzung des Arbeitskampfs ausgesprochen. Auch Angestellte, sie später ins Arbeitsleben gestartet und in der Raffinerie leichtere Arbeit verrichteten, hätten dafür gestimmt ("Kölner Stadtanzeiger", 20.10.10).

In der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober wurden drei von Streikenden durchgeführte Blockaden von Treibstofflagern durch Spezialeinheiten der Polizei geräumt. Alle weiteren Blockaden sollen erneut geräumt werden. Die Anordnung der Räumung der Blockaden begründet Sarkozy ausgerechnet mit den "Freiheitsinteressen" der Franzosen: "Für Millionen unserer Bürger ist der Verkehr eine Lebensfrage. Es handelt sich dabei um eine fundamentale Freiheit." Wie wenig ihn die tatsächlichen Sorgen und Fragen der Masse der Bevölkerung interessieren, zeigt jedoch unter anderem seine Rentenpolitik. Es ist vor allem die "Freiheit" der ungestörten Profitmaximierung der internationalen Monopole, die durch die Streiks unjd Blockaden empfindlich gestört wird. Und die liegt Sarkozy mehr als alles andere am Herzen!

Mit übler Demagogie versucht er gleichzeitig Stimmung gegen die angeblich "undemokratischen" Massenproteste zu machen: "Es ist normal, dass jeder in einer Demokratie seine Unruhe oder seine Opposition ausdrücken kann. Aber verschiedene Grenzen dürfen nicht überschritten werden und meine Pflicht ist es, den Respekt vor der Ordnung der Republik zu garantieren im Dienst aller Franzosen." (www.lemonde.fr, 20.10.10) Ähnliches hört man auch hierzulande von den bürgerlichen Spitzenpolitikern angesichts einer Tendenz des Übergangs zum aktiven Massenwiderstand wie gegen "Stuttgart 21" und die Atompolitik der Merkel/Westerwelle-Regierung ...

Ausführlicher in der nächsten "Roten Fahne" (sie kann hier bestellt werden).