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Gigantische Kapitalspritze der US-Notenbank - der Griff nach dem "rettenden Strohhalm"?
05.11.10 - Die US-Notenbank Federal Reserve (FED) will bis Mitte kommenden Jahres von den US-Banken Staatsanleihen im Gegenwert von 600 Milliarden Dollar aufkaufen - mit Geld, das sie eigens dafür neu drucken lässt. Mit der neuen Geldspritze soll "ein stärkeres Tempo der konjunkturellen Erholung" gefördert werden. Mit dem zusätzlichen Geld sollen die Banken mehr und billigere Kredite an Firmen und Haushalte vergeben, um damit Investitionen und Umsätze anzukurbeln. Auch Arbeitsplätze sollen dadurch angeblich entstehen. Dieser Schritt ist damit auch eine Reaktion auf die empfindlichen Verluste der Massenbasis der Obama-Regierung bei den Kongresswahlen (siehe "rf-news"-Artikel).
Der hauptsächliche Hintergrund ist, dass die US-Wirtschaft nach wie vor tief in der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise steckt. Im dritten Quartal legte das Bruttoinlandsprodukt nur um ein halbes Prozent zu. Die offizielle Arbeitslosenquote liegt bei 9,6 Prozent, die reale Massenarbeitslosigkeit liegt jedoch bei mindestens 20 Prozent. Die privaten Haushalte sind so überschuldet, dass sie keine zusätzlichen Konsumentenkredite aufnehmen können. Und die Firmen investieren nicht, weil ihre Kapazitäten ohnehin nicht ausgelastet sind und sie ihre Waren wegen der schwachen Konjunktur nicht loswerden. Nach Schätzungen der Rating-Agentur Moody’s horten die amerikanischen Firmen bereits eine Billion Dollar an überschüssigem Kapital.
Die FED hatte auf dem Höhepunkt der Finanzkrise schon einmal Anleihen im Gesamtwert von rund 1,7 Billionen Dollar erworben. Damit konnte zwar ein Zusammenbruch des Finanzsystems vermieden werden. Eine Belebung der US-Wirtschaft blieb durch diese Maßnahme jedoch aus. Stattdessen werden durch das Überangebot an Bargeld die Preise für Aktien, Rohstoffe oder Immobilien wieder nach oben getrieben. Damit heizt die Fed erneut gerade die Spekulationen an, die zum Ausbruch der Weltwirtschafts- und Finanzkrise geführt haben.
Gleichzeitig will die FED mit dem erneuten Kapitalspritze der Gefahr einer Deflation, d.h. auf breiter Front fallender Preise, entgegen wirken. Die Inflationsrate ist in den USA schon auf 0,8 Prozent gesunken. Eine Deflation würde die produzierten Waren im Verhältnis zum Geld entwerten. Die erwarteten Profite können dann nicht realisiert werden. Dies wiederum würde die Investitionen noch stärker abbremsen, mit der Folge, dass die Beschäftigung und die Produktion noch weiter zurückgehen.
Die sprunghafte Ausweitung der Geldmenge wird allerdings nach einem Ende der Wirtschafts- und Finanzkrise erst recht die Inflation anheizen und birgt die Gefahr einer gallopierenden Inflation. Der FED-Präsident in Dallas, Richard Fisher, warnte denn auch bereits davor, dass zusätzliches Geld die gleiche Wirkung haben könne, "wie wenn man zuviel Benzin in einen Motor gebe und sich das Ganze am Ende entzünde".
Pest oder Cholera – dazwischen konnte die FED wählen. Um einen weiteren Krisenabsturz zu verhindern, verschärft sie die Gefahr eines Staatsbankrotts und feuert den nächsten Spekulations-Crash weiter an. Die Hilflosigkeit der US-Notenbank ist ein deutliches Zeichen dafür, dass das staatliche Krisenmanagement das Aufbrechen der unlösbaren Probleme des kapitalistischen Reproduktionsprozesses nur verzögern, aber letztlich nicht verhindern kann.