Politik

Protest gegen geheime Wasserverträge in Berlin

01.11.10 - 280.000 Berlinerinnen und Berliner haben mit ihrer Unterschrift unter das Volksbegehren "Unser Wasser" für die Offenlegung von Geheimverträgen zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe gestimmt. Es zielt auf die Aufdeckung und Rücknahme eines berüchtigten Private-Public-Partnership-(PPP-)Vertrags zwischen der Berliner Landesregierung und den internationalen Versorgungsmonopolen RWE und Veolia, der 1999 geschlossen wurde. 49,9 Prozent der Anteile an den Berliner Wasserbetrieben wurden damals von der CDU/SPD-Regierung an RWE und Veolia verkauft und ihnen damit lukrative und risikolose Anlagemöglichkeiten für ihr überschüssiges Kapital verschafft.

Solche PPP-Verträge haben zahlreiche Kommunen in ihrer Finanznot abgeschlossen – und die treiben sie inzwischen noch tiefer in die Verschuldung. Die Berliner Bilanz dieser "größten Teilprivatisierung Europas: Arbeitsplätze werden abgebaut, Wasserwerke geschlossen, und im internationalen Städtevergleich zahlen wir trotzdem mit die höchsten Wasserpreise" - so die Initiatoren des Volksbegehrens vom "Berliner Wassertisch" in ihrem Aufruf.

Die "Partnership" zwischen Berliner Landesregierung und RWE/Veolia funtioniert folgendermaßen: Es wurden einfach fiktive Zinsen für dasjenige Kapital zu Grunde gelegt, das für die Anlagen zur Wasserver- und Entsorgung notwendig ist. Diese "Zinsen" wurden den Berlinern für die Wassertarife zusätzlich in Rechnung gestellt. Die Berliner Stadtregierung und RWE/Veolia wollten sich diesen Extraprofit zwar teilen.

Allerdings war das nie "Partnership" auf gleicher Augenhöhe. In einem Geheimvertrag wurde festgelegt, dass das Land Berlin "den privaten Anteilseignern der Wasserbetriebe ... die entgangenen Gewinne ersetzen muss", wenn diese Zinsberechnung für verfassungswidrig erklärt werden sollte. Pech für das Land Berlin, dass der Berliner Verfassungsgerichtshof 1999 einen Teil der Zinsberechnung tatsächlich für verfassungswidrig erklärte. Also musste ein zweiter Geheimvertrag her. Offiziell legte sich die Landesregierung nicht so genau fest, wie sie das mit den Zinsen regeln wollte. Unter der Hand stellte sie im Jahr 2004 entgegen dem Urteil die ursprüngliche Regelung jedoch wieder her. Allein seit 2003 sind die Wasserpreise in Berlin um 22 Prozent gestiegen!

Keine gute Figur machen in dieser ganzen Angelegenheit der verantwortliche Wirtschaftssenator Harald Wolf und seine Linkspartei. Der Landesvorsitzende Klaus Lederer verweist zwar darauf, dass die Verträge unter dem Ministerpräsidenten Harald Diepgen (CDU) geschlossen wurden und die Linkspartei damals auch dagegen gewesen sei. Gleichzeitig rechtfertigt er diese Praxis: "In der Novelle des Teilprivatisierungsgesetzes und der Verträge 2004 musste für die 1999 garantierte Kalkulation inklusive der Renditegarantie eine gebührenrechtlich zulässige und tragfähige Grundlage gefunden werden." (Pressemitteilung "Die Linke", Landesvorstand, 30.10.10) So klingt es, wenn man mit den Wölfen heulen muss!

Über eine Viertelmillion Berlinerinnen und Berliner, die das Volksbegehren unterstützen, bringen ein massenhaft wachsendes Bewusstsein und Bedürfnis darüber zum Ausdruck, sich nicht länger über den Tisch ziehen zu lassen. Dieses Bedürfnis ist aber auch noch in Illusionen befangen. "Wasser in Bürgerhand" - eine der Hauptforderungen der Initiatoren - kann es unter kapitalistischen Produktionsverhältnissen niemals geben.

Auch die MLPD Berlin hat die Forderung nach Offenlegung der Verträge unterstützt und Unterschriften gesammelt. Und bei der Berliner Montagsdemo waren in den letzten drei Wochen die Mitstreiterinnen und Mitstreiter vom Berliner Wassertisch mit von der Partie. Ein guter Ansatzpunkt für einen gemeinsamen aktiven Widerstand und Vernetzung.