Politik
Die Lügen des Herrn Rösler
12.11.10 - Der Bundestag beschloss heute die "Finanzierungsreform für die Gesetzlichen Krankenkassen". Im Ergebnis sollen die Versicherten stärker belastet und die Unternehmer entlastet werden. Die Beiträge für die Krankenversicherung sollen ab 2011 für die Versicherten auf 8,2 Prozent steigen (durch einen Zusatzbeitrag von 0,9 Prozent), während die Beiträge der Unternehmer bei 7,3 Prozent eingefroren werden. Drei weitere Veränderungen werfen ein Licht darauf, wie weitgehend diese "Reform" auf Kosten der Masse der Bevölkerung geht:
Erstens können die Zusatzbeiträge in Zukunft in unbegrenzter Höhe erhoben werden, was eine Kopfpauschale durch die Hintertür ist. Rösler geht davon aus, dass das ab 2014 ca. 16 Euro für jeden Versicherten ausmacht - natürlich zusätzlich zur Praxisgebühr! Eine ganze Reihe von Krankenkassen schließt höhere Zusatzbeiträge auch schon früher ausdrücklich nicht aus. Sogar ALG-I-Empfänger und Rentner sollen diese Beiträge zahlen, sie werden unabhängig vom Einkommen erhoben. Von der Regierung wird behauptet, dass Ärmere ja durch den sogenannten "Sozialausgleich" entlastet würden. Den allerdings soll es erst geben, wenn der durchschnittliche Beitrag 2 Prozent des Einkommens übersteigt.
Zweitens wird die "Vorkasse" wesentlich erleichtert. Ärzte können eine bessere oder schnellere Behandlung in Zukunft davon abhängig machen, dass man privat die Rechnung bezahlt und dann mit der Krankenkasse abrechnet. Die Kasse wird in der Regel aber nicht die volle Rechnung bezahlen, weil der Arzt wie für Privatpatienten abrechnen kann. Damit gibt es dann drei Gruppen von Patienten: die privat Versicherten, diejenigen, die mit "Vorkasse" abrechnen und diejenigen, die sich das nicht leisten können. Man kann sich ausrechnen, dass die gesundheitliche Versorgung entsprechend "differenziert" wird.
Drittens wird der Wechsel von jungen und gesunden Versicherten in die Privaten Krankenversicherungen wesentlich erleichtert, was die Gesetzliche Krankenversicherung mit den höheren Risiken zusätzlich belasten wird.
Diese gravierenden Verschlechterungen werden mit einem Trommelfeuer der Propaganda begleitet. Gesundheitskonzerne investieren Millionen in die Manipulierung der öffentlichen Meinung. Höchste Zeit, mit gängigen Lügen über das Gesundheitswesen aufzuräumen:
Lüge Nr. 1: "Die Kostenexplosion im Gesundheitswesen zwingt zu höheren Beiträgen." Seit Mitte der 1970er Jahre ist der Anteil der Gesundheitskosten am Bruttosozialprodukt weitgehend gleich geblieben, er lag immer zwischen neun und elf Prozent, wie das Gesundheitsministerium selbst errechnet hat. Es gibt lediglich eine Kosten-Umverteilung: Die Profite der Pharmaindustrie und der Versicherungen steigen, während die Löhne für Pflegekräfte immer weiter gedrückt werden und die Arbeitshetze steigt. Dazu kommt die Privatisierung vieler Krankenhäuser. Einer der großen Betreiber, Fresenius, gibt z.B. eine Million Reingewinn pro Krankenhaus im Jahr als Vorgabe aus. Eine Lüge ist auch, dass durch das gestern verabschiedete Gesetz zur "Neuordnung des Arzneimittelmarktes" die Preise für Arzneimittel auf Kosten der Pharmamonopole gesenkt würden - niemand wird die daran hindern, mit überhöhten Preisvorgaben in die Preisverhandlungen mit den Kassen einzutreten, die Studien über die Wirksamkeit ihrer Medikamente zu beeinflussen usw.
Lüge Nr. 2: "Die Überalterung der Gesellschaft zwingt zu höheren Beiträgen." In einem Flugblatt der französischen Gewerkschaft CGT zur Rentenreform ist die "Demografie-Lüge" widerlegt worden. "Ihr behauptet, dass wir länger arbeiten müssen, weil es mehr ältere Menschen und weniger Erwerbstätige gibt? Dann schaut euch mal die Nahrungsmittelproduktion an: Im Jahr 1950 haben 15 Millionen Bauern in Frankreich 30 Millionen Städter ernährt. Heute ernähren fünf Millionen Bauern 50 Millionen Städter. Hungern wir deshalb? Die Produktivität der Gesellschaft wächst zehnmal schneller als die demografischen Veränderungen." In Deutschland ist das nicht anders.
Der Protest gegen diese skandalöse neue "Gesundheitsreform" muss bei den Protesten der Gewerkschaften am Wochenende und in den nächsten Wochen in verschiedenen Städten unübersehbar und unüberhörbar auf die Straße getragen werden. Diese unsoziale "Gesundheitsreform" muss rückgängig gemacht werden!