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Regionalwahlen in Griechenland: "Für die Regierung besteht eine sehr schwierige Situation"

08.11.10 - Bei den Regional- und Kommunalwahlen in Griechenland am Sonntag musste die regierende Panhellenische Sozialistische Bewegung (Pasok) von Ministerpräsident Giorgos Papandreou schwere Stimmenverluste hinnehmen. Mit 33,4 Prozent der Stimmen (laut Hochrechnungen) büßte sie 10,5 Prozentpunkte gegenüber dem Ergebnis bei der Parlamentswahl vor 13 Monaten (43,9 Prozent) ein.

Aber auch die Kandidaten der konservativen parlamentarischen Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) verloren demnach mit 32,7 Prozent 0,8 Prozentpunkte gegenüber der Parlamentswahl (33,5 Prozent). Zumindest in der Hauptstadt Athen gab es einen starken Rückgang der Wahlbeteiligung. Sie lag trotz der im Land geltenden Wahlpflicht bei nur etwa 53 Prozent. Für andere Regionen liegt das Ergebnis zum Teil noch nicht vor.

In Umfragen vor den Wahlen hatten viele Griechen erklärt, dass sie die Wahlen nutzen wollten, ihre Empörung über das harte Krisenprogramm der Regierung zum Ausdruck zu bringen. Dessen Umsetzung will Papandreou trotz der Wahlschlappe "konsequent" fortsetzen. Das Krisenprogramm kann nur durch die Höherentwicklung der Massenstreiks und -proteste der letzten Monate zu Fall gebracht werden.

Nicht aufgegangen ist die Rechnung der griechischen Regierung, mit einer Medienkampagne gegen "linksradikale Terroristen" und "Paketbomben-Verschicker" - die auch europaweit koordiniert war - die Menschen zu verunsichern und sich selbst als "Hüter der Ordnung" anzubiedern. Dazu berichtet Errikos Finalis von der KOE Griechenland in einem aktuellen Telefoninterview mit "rf-news":

Was ist der Hintergrund für die erzeugte Hysterie mit den Paketbomben?

Errikos Finalis: Für die Regierung Griechenlands besteht eine sehr schwierige Situation. Wir haben Regionalwahlen und die Regierung nützt jedes Mittel, um die Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen und ruhig zu halten. Es ist nicht nur diese Geschichte. Es gibt eine Menge anderer Dinge, die passieren. Erpressung, dass wenn wir heute nicht für die Regierung stimmen, die Wirtschaft zusammenbrechen würde usw. Das ist der allgemeine Hintergrund für diese Pakete.

Welche Wirkung hat das auf die Massen?

Errikos Finalis: Ein großer Teil der öffentlichen Meinung ist davon beeinflusst, weil alle bürgerlichen Massenmedien mit der Regierung zusammen arbeiten, um die Menschen zu terrorisieren. Aber ein ebenso großer Teil der öffentlichen Meinung sagt gerade heraus, dass sie es so verstehen, dass dies ein Plan der Regierung ist. So gibt es wohl eine Wirkung auf die öffentliche Meinung, aber auch mehr und mehr Menschen, die meinen, dass dies ein Trick des Systems ist.

Hier wird der Eindruck erweckt, die Paketversender hätten ihre Wurzeln in den breiten Jugendprotesten vor zwei Jahren. Was wisst ihr darüber?

Errikos Finalis: Es sind keine Linksradikalen, wie es in den Zeitungen steht. Wir wissen nicht, wer das ist. Die Polizei kennt sie, wir nicht. Mit linken Aktionen hat das nichts zu tun. Es ist nicht zufällig, dass dies genau drei Tage vor den Wahlen groß herauskommt.

Wie könnt ihr euch in der Situation verankern und neue Kräfte gewinnen?

Errikos Finalis: Es gibt eine richtig große Kampagne gegen uns. Wir erhalten keine Berichte in den Medien. Mit unserer Massenarbeit versuchen wir, dieser Verschweigepolitik entgegen zu wirken. Wir werden euch berichten, sobald wir die Wahlergebnisse haben.

Vielen Dank für das Interview!

Tatsächlich handelt es sich dabei nicht nur um ein griechisches Problem, sondern wird auch in anderen europäischen Ländern Stimmungsmache gegen die wachsenden Massenproteste betrieben.  Unter dem Vorwand der "vereitelten" Paketbombenanschläge hat Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) nun einen "Fünf-Punkte-Plan" zum weiteren Ausbau der staatlichen Überwachung vorgelegt. Danach sollen die Zuständigkeiten für Sicherheit und Gefahrenabwehr in der Regierung zusammen gelegt, Luftfrachtsendungen aus Drittstaaten mit "unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen" strenger kontrolliert und die geplante Verschärfung des Luftsicherheitsgesetzes vorgezogen werden. Die Pläne dafür sind schon seit langem in Vorbereitung.