Politik
Bombenwarnungen und Terrorhysterie begleiten die Innenministerkonferenz
19.11.10 - Bereits am Mittwoch hatte Bundesinnenminister Thomas de Maiziére (CDU) vor einer angeblich erhöhten Gefahr von Terroranschlägen in Deutschland gewarnt. Sofort gingen bewaffnete Polizeistreifen an Bahnhöfen und Flughäfen auf Patrouille. Passend dazu wurde wenige Stunden später am Flughafen von Windhuk nahe dem Abfertigungsschalter einer deutschen Fluglinie eine Tasche entdeckt, die eine Vorrichtung mit Batterien und Drähten enthielt.
Inzwischen stellte sich heraus, dass es sich dabei offenbar um eine in den USA serienmäßig gefertigte Bombenattrappe handelt, die zum Test von Sicherheitsvorkehrungen auf Flughäfen eingesetzt wird. Das musste jetzt auch der Innenminister zugeben. Umso mehr wirft sich die Frage auf, warum ausgerechnet dieser Fall so breit durch die Presse gejagt wurde, obwohl solche Sicherheitsüberprüfungen an der Tagesordnung sind.
Es ist nicht das erste Mal, dass eine derartige Terrorhysterie im unmittelbaren Vorfeld geplanter Gesetzesverschärfungen bzw. der Beratung solcher Gesetze losgetreten wird. Einen Tag nach de Maiziéres Warnung und dem angeblichen Bombenfund von Windhuk begann in Hamburg die turnusgemäße Herbsttagung der Bundes- und Landesinnenminister. Die geheim gehaltene Tagesordnung umfasst 35 einzelne Punkte, von denen nur die liberal klingenden zur Veröffentlichung freigegeben werden. Aus der trotzdem bekannt gewordenen geheimen Version geht hervor, um was es wirklich geht.
Da wird unter TOP 21 die "Evaluierung des Leitfadens zur Optimierung der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Verfassungsschutz" thematisiert, unter TOP 27 die "Sanktionierung integrationsunwilligen Verhaltens" von Migranten, aber auch eine "Gesamtkonzeption zur Bekämpfung der politisch motivierten Gewaltkriminalität links / des gewaltorientierten Linksextremismus", der Aufbau einer europaweiten "Gefährderdatei Links" und die Neugestaltung der vom Verfassungsgericht in der bisherigen Form aufgehobenen "Vorratsdatenspeicherung".
Zu den Hintergründen und Schlussfolgerungen meint der Gelsenkirchener Rechtsanwalt Frank Jasenski: "Während Bundesinnenminister de Maizière scheinheilig 'versichert', dass die aktuelle Situation nicht genutzt werden solle, um rechtspolitische Vorhaben zu fördern, wird genau dies gemacht. Neben dem Bundesinnenministerium und dem Bundeskriminalamt wird eine neue gesetzliche Regelung zur Legalisierung der 'Vorratsdatenspeicherung' von einer größeren Zahl von Länderinnenministern im Vorfeld der Innenministerkonferenz gefordert, darunter auch beispielsweise vom nordrhein-westfälischen SPD-Innenminister Jäger.
Plötzlich kann sich auch Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger – Klägerin gegen das vom Bundesverfassungsgericht gekippte alte Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung und nach ihren bisherigen Erklärungen Gegnerin einer gesetzlichen Neuregelung – vorstellen, sämtliche Telekommunikationsdaten doch zum Zwecke der Strafverfolgung 'einzufrieren' und dann nach entsprechendem richterlichen Beschluss zu verwenden. Damit würde erneut die anlasslose Speicherung der Telefondaten aller Menschen in Deutschland legalisiert, obwohl inzwischen zahlreiche EU-Staaten gegen die ursprünglich beschlossene Regelung sind und mehrere Staaten sich weigern, diese überhaupt umzusetzen.
Es ist notwendig, den aktiven Widerstand gegen diese Pläne der Herrschenden weiter zu entwickeln. Vorratsdatenspeicherung, Ausbau der Befugnisse der Geheimdienste oder der Aufbau einer europaweiten 'Datei Linksextremisten' sind Ausdruck der Furcht der Herrschenden vor einer weiteren Verschärfung der Massenproteste und deren internationaler Koordinierung und Ausrichtung auf eine sozialistische Alternative."