Top

Kuhhandel zu den Zechenstilllegungen - "Entwarnung nicht angebracht!"

18.11.10 - Die Bundesregierung hat am Mittwoch beschlossen, die sogenannte Revisionsklausel im Gesetz zur Steinkohlefinanzierung von 2007 zu streichen. Diese Klausel hatte im Jahr 2012 eine Überprüfung der für das Jahr 2018 vorgesehenen Stilllegung des Bergbaus vorgesehen. Gleichzeitig versucht sie damit, die anderen EU-Regierungen doch noch dazu zu bewegen, einer Verschiebung der Zechenschließungen bis 2018 zuzustimmen. 

Die Bergarbeiterzeitung "Vortrieb" hatte aufgedeckt, dass entgegen der Behauptung der Bundesregierung die EU-Kommission schon längst die Schließung der deutschen Zechen für das Jahr 2014 beschlossen hatte. Da EU-Beschlüsse über Entscheidungen der Bundesrepublik Deutschland stehen, war die Verabschiedung des Steinkohlefinanzierungsgesetzes 2007 mit dem Schließungstermin 2018 ein ausgemachter Schwindel. Das hatte keinen anderen Zweck, als die Kumpel damals vom Kampf um ihre Arbeitsplätze abzuhalten, zumal die Bundesregierung die Beschlusslage der EU genau kannte.

Auch die Revisionsklausel gehörte zu diesem Betrug. Die jetzige Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft (SPD), rühmte sich stets, mit der Durchsetzung dieser Klausel bei den Verhandlungen um das Steinkohlefinanzierungsgesetz den Bergbau gerettet zu haben. Ein Federstrich genügte nun, um sie wieder raus zu kippen. Das unterstreicht, dass nur im Kampf der Bergleute die Arbeitsplätze erhalten werden können.

Die neuen Beschlüsse der Regierung zielen nicht von ungefähr darauf ab, wieder Ruhe in die Zechen zu bringen und den Bergarbeitern zu signalisieren, dass ein Kampf um die Arbeitsplätze nicht nötig wäre. Das ist eine Reaktion auf die Auseinandersetzung um einen neuen Massenkampf der Kumpel, wie sie von der kämpferischen Bergarbeiter-Bewegung seit Monaten organisiert wird. Bei vielen Bergleuten war die Erinnerung an den mehrtägigen Streik von 1997 wieder wach geworden, mit dem sie damals der Kohl-Regierung eine empfindliche Niederlage beibrachten und erreichten, dass sie die damaligen Entlassungspläne zurückziehen musste.

Selbst Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sah sich in den letzten Wochen unter dem Eindruck der wachsenden Unruhe auf den Zechen gezwungen, seinen Scharfmacherkurs für eine Zechenstilllegung 2014 in Worten abzumildern. Gleichzeitig ist damit auf EU-Ebene noch keinerlei Entscheidung gefallen. Sie soll am 10. Dezember von den zuständigen Ministern der 27 EU-Staaten gefällt werden.

Unter der Überschrift "Entwarnung nicht angebracht" hieß es dazu in der letzten Ausgabe der Bergarbeiter-Zeitung "Vortrieb": "Merkel ist nervös. Wenn sie ihr Wort nicht halten kann, kann es im Ruhrgebiet zu harten Kämpfen der Bergleute kommen. ... Die Kumpels haben ohnehin nie dem Aus des Bergbaus zugestimmt, weder bis 2018 noch 2014! Deshalb sind sie 2007 nach Düsseldorf zum Landtag gefahren. Was dort versprochen wurde, ist bis heute nicht eingehalten. ... 1997 ist nicht vergessen!"

Eine gute Gelegenheit, deutlich zu machen, dass die Kumpel und ihre Familien mit den Zechenstilllegungen - wann auch immer - nicht einverstanden sind, ist der morgen statt findende Jugendprotesttag von "Kumpel für AUF" und REBELL gegen die Entlassung von 327 Jungbergleuten und die Nichtübernahme der Auszubildenden nach der Lehre. Im Aufruf dazu heißt es unter anderem:

"Es geht darum, dass die RAG dazu übergegangen ist, 327 Jungbergleuten ihren Arbeitsvertrag nicht mehr zu verlängern. Das sind weitere Maßnahmen, die mit dem sogenannten 'sozialen Auslaufen' des Bergbau zu tun haben. ... Faktisch sind das Massenentlassungen, auch wenn das im offiziellen Sprachgebrauch der RAG und IGBCE-Führung so nicht genannt wird. ...

Lasst uns ...
- gemeinsam Jung und Alt - für eine Zukunft der Jugend protestieren!
- Unbefristete Übernahme aller Lehrlinge entsprechend ihrer Ausbildung!
- 10-prozentige Ausbildungsquote in der Großindustrie!
- 30 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich!
- Sofortiger Stopp des Zechenstilllegungsprogramms!

Glück AUF!"