International
Irland-Krise - zweiter EU-Staat vor dem Beinahe-Staatsbankrott
22.11.10 - Nach Griechenland erhält nun auch Irland einen Notfallkredit der EU, um einen "Kollaps des Bankensektors", damit aber zugleich den offenen Staatsbankrott des Landes und ein Übergreifen auf weitere EU-Länder zu verhindern. Der genaue Umfang des Kredits und die Auszahlungsbedingungen werden in den nächsten Tagen von Beauftragten der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) noch ausgehandelt. Der irische Finanzminister Brian Lenihan spricht von "unter 100 Milliarden Euro". Das wären annähernd so viel wie das 110-Milliarden-Paket, das Griechenland erhalten hat. Zusätzlich erklärten die Nicht-Euro-Länder Großbritannien und Schweden, bilaterale Kredite bereitzustellen.
Der von der irischen Regierung gestern Abend gestellte Antrag kam alles andere als freiwillig, sondern erst auf massiven Druck der EU-Bürokratie und insbesondere der deutschen Regierung zustande. Ein Hintergrund ist dass deutsche Großbanken mit rund 100 Milliarden vergebener Kredite nach den britischen Banken zweitgrößter Gläubiger Irlands sind. Wie schon im Fall Griechenland nützen die führenden EU-Länder aber auch die Notlage Irlands gnadenlos aus, um seine ohnehin eingeschränkte wirtschaftliche und politische Souveränität noch weiter zu beschneiden und dem Land weitgehende Auflagen zu diktieren.
So verlangen EU und IWF eine Neustrukturierung des gesamten irischen Bankensystems Irlands, massive Haushaltskürzungen und soziale Einschnitte für die breite Masse der Bevölkerung. Wenn jetzt so getan wird, als sei die riesige Überschuldung Irlands aufgrund vorangegangener eigener "Rettungspakete" für die irischen Banken Folge des "Missmanagements" der dortigen Regierung, lenkt das von den eigentlichen Ursachen vollständig ab. An den gigantischen Kapitalspekulationen der irischen Banken waren das EU-Finanzkapital und gerade auch deutsche Banken wie die verstaatlichte HRE beteiligt. Diese hatte unter anderem mit irischen Schuldverschreibungen spekuliert.
Auch die jetzt kritisierten "Dumping"-Sätze für Unternehmensteuern in Irland waren Bestandteil der EU-Politik und wurden von vielen internationalen Konzernen gezielt ausgenützt, indem sie Niederlassungen in Irland aufmachten oder ganze Werke dorthin verlagerten. Ebenso wurden die milliardenschweren nationalen Banken-"Rettungspakete" vom irischen Staat auf maßgeblichen Druck der EU hin beschlossen. All das konnte nicht verhindern, dass sich die Zahlungsprobleme der Banken und des irischen Staats weiter verschärften. Eine maßgebliche Rolle spielt dabei, dass die Schuldzinsen für Irland auf dem internationalen Finanzmarkt immer weiter nach oben getrieben wurden.
Auch wenn die genauen Pläne erst noch ausgehandelt werden, ist jetzt schon klar, dass ein Kernstück dabei ein rigoroses Krisenprogramm zu Lasten der breiten Massen sein wird. Es ist die Rede davon, dass es unter anderem Kürzungen bei den Zuwendungen für Kinder, beim Arbeitslosengeld und bei den Renten sowie Steuererhöhungen geben soll. Das wird auch in Irland Massenproteste herausfordern und die politische Krise der Regierung vertiefen, nachdem es schon jetzt massive Rücktrittsforderungen an die Adresse des irischen Ministerpräsidenten Brian Cowen gibt.