Politik
Pisa-Studie: Kinder aus Arbeiterfamilien weiter benachteiligt
10.12.10 - Dass Deutschland bei der in dieser Woche vorgestellten neuen Pisa-Studie zum Vergleich der Bildungssysteme der Industrieländer in der OECD auf Platz 16 gelandet ist, feiert die Regierung und ihre Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) als "ersten Erfolg". Nachdem die BRD bei der Pisa-Studie vor zehn Jahren noch den schwachen 21. Platz belegte, soll dies nun für Bildungspolitiker, Lehrer, Schulleiter und Elternvertreter angeblich ein Grund zum "Aufatmen" sein. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass dieser "Fortschritt" vor allem durch die auf einzelnen Teilgebieten besseren Leistungen weiterführender Schulen erreicht wurde.
Der Schwerpunkt der neuen Studie lag bei der Lesekompetenz der Kinder. Hier legten die beteiligten 500 Schülerinnen und Schüler aus Deutschland um 13 Punkte auf 497 Punkte zu - im Vergleich zu Korea (539 Punkte) und Finnland (536) liegt dieses Ergebnis immer noch im Mittelfeld. Dagegen wurden in den Bereichen Mathematik und Naturwissenschaften überdurchschnittlich gute Werte erzielt, die aber ebenfalls nicht für einen Platz in der Spitzengruppe reichen.
Dabei sind die Pisa-Studien gar nicht dazu gedacht, eine umfassende Kritik am bürgerlichen Bildungssystem und der herrschenden Bildungspolitik zu entwickeln. Vielmehr ist diese Bildungspolitik selbst der Maßstab für den Vergleich der nationalen Schulsysteme. Es werden hauptsächlich Lernergebnisse verglichen - ob sie durch unkritische Paukerei zustande kommen, spielt dabei keine Rolle. Die Befähigung zum selbständigen Denken und Handeln ist erst recht kein Kriterium der Pisa-Studie.
Dennoch wird deutlich, dass sich unter der Oberfläche der Durchschnittswerte nach wie vor große oder sogar gewachsene Unterschiede hinsichtlich der Schularten und der sozialen Herkunft der Schüler verbergen. Vor allem bei Grund-, Haupt- und Realschulen - besonders in den Großstädten - gibt es häufig viel zu große Klassen, veraltetes Schulmaterial und verrottete Schulgebäude. Laut der Studie sind Schüler, die auf eine solche Schule gehen müssen, rund 100 Punkte im Rückstand, im Vergleich zu Schülern, die auf eine Schule mit "gutem Umfeld" gehen.
Für Schüler aus Arbeiter-, Migranten- und Hartz-IV-Familien ist der Einfluss dieses Umfelds sogar noch größer. Aus der Studie lässt sich erlesen, dass er in keinem anderen OECD-Land so groß ist wie in Deutschland. Kinder mit Migrationshintergrund, die deutsche Schulen besuchen, schneiden im Test deutlich schlechter ab als in Deutschland geborene Kinder. Der Unterschied beträgt volle 56 Prozent.
Eine Hauptursache dafür ist das unsoziale dreigliedrige Schulsystem in Deutschland, das darauf angelegt ist, dem Nachwuchs für Führungspositionen eine wesentlich bessere Bildung angedeihen zu lassen als der großen Masse der Jugendlichen und Kinder, die später dazu gezwungen sind, ihre Arbeitskraft als Arbeiter und Angestellte zu verkaufen. Die MLPD fordert deshalb ein kostenloses und einheitliches Schulsystem vom Kindergarten bis zur Hochschule, wohnnahe Ganztagsschulen mit kostenloser Verpflegung sowie eine gründliche Schul- und Berufsausbildung. Eine gründliche Schul- und Berufsausbildung für die breiten Massen kann es aber erst in einer sozialistischen Gesellschaft geben, die vom Diktat des Maximalprofits befreit ist.