Betrieb und Gewerkschaft
Neuer "Vortrieb" stößt bei Bergleuten auf großes Interesse
10.12.10 - Heute hat auch der EU-Ministerrat die Entscheidung der EU-Kommission zur Aufhebung des Beschlusses über die Stilllegung der deutschen Kohlezechen bereits bis 2014 (siehe "rf-news" vom 8.12.) abgesegnet. Dazu erschien gestern noch eine Extra-Ausgabe der Bergarbeiter-Zeitung "Vortrieb". Darin heißt es unter anderem:
"Auf ihrer gestrigen Sitzung hat die EU-Kommission ihren Beschluss vom 20. Juli 2010 wieder aufgehoben. ... Die Stimmung unter den Kumpels brodelte trotz aller Beschwichtigungen von Seiten der Betriebsräte und der IGBCE-Führung. Kommt es zu einem neuen Kampf der Bergleute? Diese Frage lag ernsthaft in der Luft. Deshalb mussten die Bundesregierung und die Landesregierungen an der Saar und in NRW handeln. ...
Die Korrektur des Beschlusses der EU-Kommission lässt jetzt die subventionierte Kohleförderung doch bis 2018 laufen und berücksichtigt damit allein die Interessen der RAG und der Bundes- und Landesregierungen. ... Das bedeutet ein erhebliches zeitliches Vorziehen der bisherigen Stilllegungspläne. Damit wird der ganze Verlegungsplan und die bisherige Planung der Anpassung in Frage gestellt! ...
Allein die Angst vor einem neuen Kampf der Bergleute hat die EU-Kommission ihren Beschluss von 2014 korrigieren lassen, so etwas gab es bisher nicht. Was würde erst dabei herauskommen können, wenn wir selbst in die Auseinandersetzung eingreifen und endlich für unsere Zukunft kämpfen? Noch ist es nicht zu spät!
Morgen, am 10. Dezember, soll nun der EU-Ministerrat in Brüssel diesen Beschluss von gestern absegnen! Eine gute Gelegenheit, endlich auf die Straße zu gehen! ... Raus auf die Straße! Kampf um jeden Arbeits- und Ausbildungsplatz! Stopp den Zechenstilllegungen! Der Jugend eine Zukunft! Der Kohlebergbau in Deutschland muss erhalten bleiben!"
Anders als die "Bild"-Zeitung gestern mit dem Bild dreier freudestrahlender Kumpel suggerierte, herrscht unter den Bergleuten keineswegs Jubelstimmung. So berichtet ein Korrespondent von einer interessierten und kritischen Stimmung beim Verteilen des "Vortrieb":
"Es gab großes Interesse am 'Vortrieb'. Die meisten Kumpel waren auf Informationen aus, haben die Extra-Ausgabe zum Teil noch im Laufen gelesen. Viele reagierten unsicher, wussten nicht so recht, was sie vom neuen EU-Beschluss halten sollten: 'Wir kennen ja die genauen Bedingungen noch gar nicht.' Große Erleichterung war nicht vorhanden. Allerdings war auch noch keine größere Kampfbereitschaft zu spüren, mehr Nachdenklichkeit und Wachsamkeit.
Eine kleinere Gruppe reagierte sehr kritisch gegenüber dem neuen EU-Beschluss, stimmte zu, dass jetzt gekämpft werden müsste. Ein Kollege bei Prosper: 'Ich denke, dass die ab 2016 zurückfahren.' Ein anderer bei Auguste Victoria: 'Ich sehe das auch so, dass man auf die Anpassung nicht mehr hoffen kann.'
Auch wenn das mit Zweifeln verbunden war, ob es gelingen wird, dass 'jetzt gekämpft wird', spendeten Bergleute, die sich so äußerten, zum Teil deutlich mehr für den 'Vortrieb'. Das ist ein Ausdruck davon, dass sie dafür sind, den Kampf der Bergleute gegen die Zechenschließungen weiter vorzubereiten und zu organisieren."