Politik
FDP-Krise: Sinkende Halbwertszeit für Guido Westerwelle
16.12.10 - Die Absetzbewegungen von Funktionären und Mitgliedern der FDP vom Parteivorsitzenden Guido Westerwelle treiben immer neue Blüten. Während FDP-Generalsekretär Christian Lindner noch am Montag behauptete, in allen Landesverbänden gebe es "großes Interesse" Veranstaltungen mit dem Vorsitzenden im Wahlkampf zu machen, bezeichnete der rheinland-pfälzische FDP-Spitzenkandidat Herbert Mertin gestern Westerwelle als "Klotz am Bein der Partei". Ein Auftritt von ihm im Landtagswahlkampf wäre "wenig hilfreich".
Vorige Woche hatte sich erstmals Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki aus der Deckung getraut und die Situation seiner Partei als "fast aussichtslos" geschildert. Mittwoch früh schließlich erreichte Westerwelle ein offener Brief aus Baden-Württemberg. Bis zum Dreikönigstreffen solle er sein Amt als Parteichef niederlegen. Sogar in einer Umfrage unter mehr als 500 Managern legen 64 Prozent FDP-Chef Guido Westerwelle den Rücktritt vom Parteivorsitz nahe. Vor allem die Landespolitiker der FDP fürchten bei den sieben Wahlen im kommenden Jahr das Absacken der Partei in die politische Bedeutungslosigkeit.
Tatsächlich verliert die FDP massiv Mitglieder. In Umfragen rutscht sie immer näher an die 4-Prozent-Marke heran, und das kaum 15 Monate nach ihrem "Traumergebnis" von 14,6 Prozent bei der Bundestagswahl. Das ist die Quittung für die grandiosen, aber längst in Luft aufgelösten Wahlversprechungen der FDP-Führung wie "Mehr Netto vom Brutto" und die maßlose Arroganz Westerwelles, der in seinem Höhenflug den Hartz-IV-Empfängern allen Ernstes "spätrömische Dekadenz" vorwarf.
Die beschleunigte Erosion ihrer Massenbasis ist allerdings nicht nur ein Problem der FDP und personelle Konsequenzen wie ein Rücktritt Westerwelles werden diesen Prozess nicht grundlegend aufhalten können.