International
Griechenland: Generalstreik und massive Proteste gegen rigoroses Krisenprogramm
16.12.10 - Auch heute hat die seit dem Wochenende anhaltende Streikwelle in Griechenland Wirtschaft und Verkehr des Landes weitgehend lahm gelegt. Gestern erreichte sie mit einem 24-stündigen Generalstreik einen vorläufigen Höhepunkt. Der komplette Flug- und Schiffsverkehr in der Hauptstadt Athen lag still, Krankenhausärzte behandelten nur noch Notfälle. Schulen, Postämter und andere Behörden blieben geschlossen, es gab weder Zeitungen noch Informationssendungen. Busse und U-Bahnen fuhren nur noch, um die Streikenden zu den großen Protestdemonstrationen zu bringen.
Nach Angaben des Gewerkschaftsdachverbandes GSEE lag die Beteiligung an dem Streik in Raffinerien, Werften und Stahlunternehmen bei 100 Prozent. Die Bank- und Postangestellten, sowie die Angestellten des Telekommunikationsversorgers OTE und der Wasserwerke beteiligten sich zu etwa 90 Prozent.
Die massiven Streiks und Proteste richten sich gegen die am Dienstag beschlossenen weiteren Maßnahmen eines rigorosen Krisenprogramms. Im Schnellverfahren wurden von der sozialdemokratischen Pasok-Regierung unter anderem massive Lohnkürzungen bei Angestellten in öffentlich-rechtlichen Unternehmen um 10 bis 25 Prozent durch das Parlament gepeitscht. Ein zweites Gesetz hebt den Zwang für Betriebe auf, die geltenden Tarifverträge zu befolgen. Es soll Tarifabschlüsse auf Firmenebene ermöglichen, um damit die Kampfkraft der Gewerkschaften zu unterlaufen.
An einer Demonstration vor dem Parlament beteiligten sich rund 20.000 Menschen - Gewerkschafter, Studenten, aber auch Angehörige kleinbürgerlicher Zwischenschichten. Die meisten waren äußerst aufgebracht. "Nehmt diejenigen fest, die das Geld aufgefressen haben, und hängt sie hier auf dem historischen Syntagma-Platz auf", riefen Demonstranten. Mehrere von ihnen verprügelten den ehemaligen Verkehrsminister Costis Hatsidakis, als dieser an ihnen vorbei wollte. Sie riefen: "Dieb! Schäm dich!" Erst später mischten sich einige hundert Vermummte unter die Teilnehmer, die mit Molotow-Cocktails und Stöcken die Polizei angriffen, die selbst äußerst brutal mit Tränengas und Blendgranaten gegen die Demonstranten vorging.
Die Streiks sollen trotz der gestrigen Verabschiedung der Krisenprogramm-Gesetze weiter fortgesetzt werden - mit dem Ziel, es noch zu Fall zu bringen, genauso wie den Haushalt, der am 22. Dezember im Parlament abgestimmt werden soll und ebenfalls weitgehende Kürzungen und Steuererhöhungen vorsieht.