Politik
Deutschland international Schlusslicht bei der Lohnentwicklung
22.12.10 - Nach Berechnungen der UNO-Arbeitsorganisation ILO sind in keinem anderen Industrieland in den vergangenen zehn Jahren die Löhne so stark gesunken wie in Deutschland. Weltweit stiegen die Reallöhne um ein knappes Viertel, so die ILO im "Global Wage Report 2010/2011" (weltweiter Bericht über Lohnentwicklung). In den Industrieländern Norwegen und Finnland haben die Werktätigen mit einem Zuwachs von rund 25 Prozent den stärksten Lohnzuwachs, in Deutschland sind die Reallöhne um mindestens 4,5 Prozent gesunken.
Der ILO-Bericht nennt dafür folgende Gründe: Die niedrigen Tarifabschlüsse der vergangenen Jahre, die Ausweitung des Niedriglohnsektors und die Zunahme von Leiharbeit und 400-Euro-Jobs. Menschen in diesen Beschäftigungsverhältnissen verdienen rund ein Drittel weniger pro Stunde als ein "normaler" Beschäftigter.
Im Klartext: Durch die Hartz-Gesetze und auch als Folge der negativen Klassenzusammenreformarbeitspolitik der Monopole mit den rechten Gewerkschaftsführungen wurde ein starker Lohnabbau bewirkt. Eine weitere Ursache war zuletzt die starke Zunahme von Kurzarbeit und meist zeitweiliger Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich.
Die vom Statistischen Bundesamt und der OECD (Wirtschaftsorganisation der Industriestaaten) zuletzt vorgelegten Zahlen, denen zufolge die deutschen Bruttolöhne "langsamer gestiegen sind als im Rest Europas", verharmlosen und verfälschen das Bild. Die ILO geht von inflationsbereinigten Zahlen aus. Und angesichts der gestiegenen Preise ergibt sich, dass die Reallöhne sogar erheblich gesunken sind.
Eine wachsende Zahl von Menschen ist angesichts dieser Lohnentwicklung darauf angewiesen, sich mit "Nebenjobs" über Wasser zu halten. Um die öffentliche Meinung zu manipulieren, verfälscht die Bundesagentur für Arbeit (BA) nicht nur die offiziellen Arbeitslosenzahlen, sondern auch das Ausmaß dieser "Nebenjobs". Während die BA veröffentlichte, dass 2010 rund 7 Prozent der Erwerbstätigen einen "Nebenjob" haben, ermittelte eine repräsentative Umfrage des Finanzdienstleisters AWD, dass es mindestens 15 Prozent sind. Das heißt, jeder sechste Erwerbstätige ist auf einen Zuverdienst durch Nebenjob angewiesen.
Das in den bürgerlichen Medien groß angekündigte Vorziehen der Tariferhöhung um 2,7 Prozent in der Metallindustrie von April auf Februar 2011 für rund 670.000 Beschäftigte nutzt zwar die Möglichkeiten des derzeit gültigen Tarifvertrages aus. Doch der im Mai diesen Jahres abgeschlossene Tarifvertrag, der bezeichnenderweise "Krisenpaket 2012" genannt wurde, hat eine Laufzeit von 23 Monaten und bedeutet Lohnverzicht für die Profite der Monopole. Insbesondere durch die lange Laufzeit sollen den Arbeitern an der Lohnfront die Hände gebunden bleiben.
Völlig zurecht gibt es deshalb in den Betrieben und Gewerkschaften eine wachsende Diskussion über die Notwendigkeit, sich für kräftige Lohnerhöhungen und für Lohnnachschlag einzusetzen. Letzteres erfordert auch, den gewerkschaftlichen Rahmen gegebenenfalls zu durchbrechen und selbständig zu kämpfen. Durch den gemeinsamen Kampf der Montagsdemo-Bewegung mit den Beschäftigten in den Betrieben müssen darüber hinaus die Hartz-Gesetze zu Fall gebracht werden.