Umwelt

Das "Schnee-Chaos" wirft viele Fragen auf

Das "Schnee-Chaos" wirft viele Fragen auf
Am 24.12. nachmittags ging nichts mehr am Oberhausener Bahnhof (rf-foto)

27.12.10 - Ein Winter, in dem es mal ordentlich schneit. Wer hätte das gedacht? Es gibt viele, die sich über den Schnee freuen - Kinder bauen Schneemänner (und -frauen), fahren Schlitten und verabreden sich zu Schneeballschlachten. Auch Wintersportler werden sich diesen Winter nicht nehmen lassen. Zugleich nimmt der Ärger zu, wenn Straßen nicht geräumt werden, Fußwege zu spiegelglatten Rutschbahnen werden, Straßenbahnen nicht mehr fahren und auch der Busverkehr eingeschränkt oder gar eingestellt wird. Im Überlandverkehr kam es zu stundenlangen Staus und Sperrungen, Züge blieben liegen, kamen verspätet oder fielen aus. 

Selbst die Bahn möchte gern ihren Slogan vergangener Jahre vergessen machen: "Alle reden vom Wetter. Wir nicht." Sie riet Reisewilligen kurz vor Weihnachten gar von der Benutzung der Bahn ab. Laut dem Hersteller Bombardier könnte die Bahn allerdings winterfest gemacht werden - mit Mehrkosten von nur 15 Prozent. Auch Enteisungsanlagen an Weichen könnten flächendeckend und mit höherer Leistung ausgestattet sein.
Schneemenge und Wechselwetter trafen Räumdienste angeblich unvorbereitet. Das sollte nach dem letzten strengen Winter nicht mehr passieren.

"Wir versuchen alles zu tun, aber wenn man kein Geld hat, wird man teilweise den Winterdienst einschränken", so der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), Gerd Landesberg, gegenüber der Nachrichtenagentur "dpa". Mit diesem Argument wurden Arbeitsplätze bei den Räumdiensten, bei Bahn und Flughäfen vernichtet, auch Technik wird abgebaut.

Gespart wird bei der Bahn an den regelmäßigen Wartungen der Heizung der Weichen. Bei Bedarf ordert die zuständige Netz-AG der Bahn Arbeitskräfte von Leihfirmen. Diese sind zum Teil für den schwierigen und auch gefährlichen Dienst im Gleisbereich ungenügend ausgebildet und überfordert. Das Geld wurde und wird dringender von Leuten wie Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann benötigt: für das Krisenmanagement des Staates gegenüber den internationalen Banken und Konzernen!

Die gesamte Infrastruktur ist durch die Internationalisierung der kapitalistischen Produktion sehr anfällig geworden - mit Verlagerung der Lagerhaltung auf die Straße und in die Luft, mit langen Arbeitswegen. Das fällt auch vielen Medienschaffenden in ihren Nachrichten auf. Aber sie klagen nicht dieses kapitalistische System an, das sich nach der Jagd zu weltmarktbeherrschender Stellung und Maximalprofit über Mensch und Umwelt hinwegsetzt. Die "Bild"-Zeitung bekümmert besonders, dass der "Brutalo-Winter  ... die Wirtschaft Milliarden" kostet.

Die Menschen bedrohende Erderwärmung existiert für die "Bild"-Zeitung in dem Zusammenhang nicht. Sie titelte: "Neue 'Eiszeit' kommt!" Da meldet sich Prof. Dr. Fritz Vahrenholt zu Wort und verkündet, die Erderwärmung sei halb so schlimm angesichts der bevorstehenden "kleinen Eiszeit" durch "Veränderungen der Sonnenflecken". Wes Brot ich ess’, des Lied ich sing – möchte man angesichts einer solchen Professur sagen: bis 1997 Umweltsenator in Hamburg, heute Chef von RWE Innogy.

Bereits seit längerem ist der Zusammenhang von heftigen  Klimaausschlägen zwischen extremer Hitze im Sommer und häufigeren kalten und niederschlagsreicheren Tagen im Winter bekannt. Es ist nicht einfach nur eine "Erderwärmung", sondern in Wahrheit die bereits begonnene Klimakatastrophe als Folge der ungebremsten CO²-Belastung. Diese hat inzwischen eine Eigendynamik ausgelöst. Das Auftauen der Dauerfrostböden setzt natürlich gebundene Treibhausgase frei und wirbelt die periodisch wiederkehrenden großräumigen Wetterlagen der Hoch- und Tiefdruckströmungen völlig durcheinander. Es ist der Anfang einer das Leben auf der Erde bedrohenden Entwicklung. Das zu verharmlosen, ist eine Verbrechen.