Betrieb und Gewerkschaft
Karlsruhe: "Wenn es hart auf hart geht, heißt es hart rangehen"
Karlsruhe (Korrespondenz), 31.12.10: Der Bauwagen steht vor dem Tor von Harman-Becker. Seit dem 21.12. wird das Werk rund um die Uhr bewacht. Der Abtransport der Maschinen wird verhindert.
"Da kommt kein Auto raus", versicherten uns die Frauen im Bauwagen bei unserem Besuch. Die Stimmung ist optimistisch und entschlossen. "Nokia darf sich nicht wiederholen!" Die Arbeiter lernen schnell aus Niederlagen.
Bei Harman-Becker in der Südpfalz arbeiten 680 Kollegen, davon 70% Frauen. Pro Lehrjahr werden 7 Jugendliche ausgebildet. 30 % der Beschäftigten kommen aus Frankreich. Für viele Frauen ist Harman-Becker die einzige Möglichkeit, in dieser Gegend Arbeit zu finden. Das Werk stellt Navigationsgeräte und Radios der Premium Klasse für Autos her. Kunden sind u.a. Porsche, Daimler, Audi usw.
Die Solidarität ist groß. Der Bäcker versorgt den Bauwagen täglich mit Brot und Kuchen. Eine Kaffeemaschine wurde gespendet, Internet und Fernsehempfang installiert. Dorfbewohner kommen vorbei, ebenso Kollegen vom nahen Daimler-Werk Wörth. In einem Ordner werden Solidaritätsadressen gesammelt. Darunter auch eine von der Montagsdemo Karlsruhe und der Kreisleitung der MLPD.
Gerade als wir im Bauwagen eintreffen, bringt SWR 3 einen Kurzbericht. Kurt Beck, der SPD-Landesminister von Rheinland-Pfalz, war nachmittags vor Ort gewesen. Er hat seine Solidarität zum Ausdruck gebracht. 130 Kolleginnen und Kollegen haben ihm zugehört. Die Hoffnungen sind groß, dass die Landesregierung helfen kann, den Abbau der Arbeitsplätze und die Verlagerung des Werkes zu verhindern.
Doch die Frauen erzählen uns auch, wie sie auf die eigene Kraft und Solidarität bauen. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad im Werk hat sich auf 90 % erhöht. Die Listen für die Schichtdienste sind voll. Es kommen aber immer mehr Leute als sich eingetragen haben. Sie haben vom Kampf der DASA-Kollegen in Speyer gelernt, wie man eine Wache organisiert. Der Bauwagen ist das Kommunikationszentrum. So manche Kollegen kennen sich nur vom Sehen aus dem Betrieb. Im Bauwagen lernt man sich nun auch persönlich kennen, erfährt voneinander. Wichtig für das Zusammengehörigkeitsgefühl.
Der Bauwagen ist groß, warm, gemütlich, hübsch eingerichtet; draußen Fahnen der IG Metall und ein Transparent. Mit der neuen Homepage erreichen sie sehr viele Interessenten. Täglich wird in einem eigenen Blog das Wichtigste notiert, teilweise auf pfälzisch. Zu finden: www.uffbasse.info
Wir haben auch den Besuch von Rebell und Rotfüchsen angekündigt. Wenn machbar, dürfen die Kinder und Jugendlichen das Werk besichtigen. Eine gute Gelegenheit, einen modernen Produktionsstandort kennen zu lernen.