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Wikileaks enthüllt: NATO-Absprachen gegen den kurdischen Befreiungskampf

29.12.10 - "Wir wussten immer, dass die NATO hinter dieser Sache steckt", berichtet Hayri Imak von der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V. (Yek-Kom) heute gegenüber "rf-news". "Aber jetzt haben wir auch die Beweise." Die Veröffentlichungen auf der Enthüllungsplattform wikileaks offenbaren seltene Blicke hinter die Kulissen der internationalen Konterrevolution. Darauf stützt sich ein Bericht der "taz" vom 30. November über Absprachen bei der Wahl des NATO-Generalsekretärs Anders Fogh Rasmussen. Opfer der Geheimdiplomatie soll der kurdische TV-Sender Roj TV mit Sitz in Dänemark werden.

Rasmussen war für das NATO-Land Türkei zunächst nicht akzeptabel. Die türkische Regierung blockierte seine Wahl wegen seiner Rolle als dänischer Ministerpräsident bei der Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen 2005. Rasmussen war allerdings Wunschkandidat der USA. Als treuer Gefolgsmann hatte er 2003 dänische Truppen gegen den Widerstand seiner Bevölkerung in den Irak-Krieg geschickt. Deshalb schlug US-Präsident Barack Obama dem türkischen Ministerpräsident Recep Erdogan einen Kuhhandel vor: "Rasmussen versprach als Gegenleistung, sich dafür einzusetzen, den in Dänemark residierenden kurdischen TV-Sender Roj TV verbieten zu lassen. Außerdem werde er einen Türken als Vizechef installieren." (taz, 30.11.10)

Roj TV sendet seit 2004 aus Dänemark Nachrichten- und Kulturprogramme, Dokumentationen, Frauen- und Kinderprogramme in türkisch, kurdisch, arabisch und assyrisch täglich für Millionen Menschen im Nahen Osten und Europa. Der Sender erreicht 28 Millionen Kurden in 77 Ländern. In Deutschland ist Roj TV für viele der rund 800.000 Kurdinnen und Kurden die einzige Möglichkeit, in ihrer Muttersprache Informationen zu bekommen.

Dem türkischen Staat ist Roj TV ein Dorn im Auge, weil er die brutale Unterdrückung der kurdischen Nation in der Türkei aufdeckt und über den Befreiungskampf in Kurdistan berichtet. "Die NATO braucht die Türkei als strategischen Brückenkopf in den Nahen Osten. Sie fürchtet zudem, dass das sozialistische, kämpferische Vorbild der PKK und des kurdischen Befreiungskampf im ganzen Nahen Osten Schule macht", erklärt Hayri Imak.

Der Kuhhandel kam zustande. Im August 2009 wurde Rasmussen NATO-Generalsekretär und am 18. Oktober 2009 Hüseyin Diriöz sein Vize-Generalsekretär. Schon am 31. August 2009 erhob die Staatsanwaltschaft in Kopenhagen eine Klage gegen Roj TV auf der Grundlage von sogenannten "Antiterror"-Gesetzen. Gleichzeitig wurden Konten des Senders beschlagnahmt und damit insgesamt 327.000 dänische Kronen (ca. 43.890 Euro) blockiert. Fünf Jahre lang hatte sich die Staatsanwaltschaft zuvor geweigert, gegen Roj TV vorzugehen. Der Sender bewegt sich im Rahmen des Mediengesetzes in Dänemark, so die Staatsanwälte vorher.

"Europaweit organisierte die kurdische Bewegung den Protest unter anderem mit Kundgebungen und Demonstrationen vor den dänischen Botschaften in Europa oder in Kurdistan selbst", erzählt Hayri Imak. Mit Erfolg, den bis heute ist Roj TV auf Sendung. Anfang Dezember verfügte zudem das östliche Landgericht in Dänemark die Herausgabe der blockierten 327.000 dänischen Kronen.