Betrieb und Gewerkschaft
Vom "heißen Ritt" im Hause Hundt bei Allgaier/Göppingen
Göppingen (Korrespondenz), 29.12.10: Wie sich der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, den Umgang mit gekündigten Arbeitern vorstellt, machte sein Rechtsvertreter Kienzle bei der ersten "Güteverhandlung" in Göppingen am 23. Dezember deutlich.
"In der Region hätten wir bereits vor zwei Jahren 4.000 Leute entlassen müssen. Trotz aller Probleme in der Krise haben wir sie durchgezogen, mit Kurzarbeit Null. Jetzt ist damit Schluss! Da bieten wir noch eine Beschäftigungsgesellschaft an und trotzdem meinen hier welche, sie müssten gegen die Kündigungen klagen. Nur um ein paar Euro mehr Abfindung zu bekommen. Doch die werden sehen, wie kurz das Hemd ist und müssen sich auf einen heißen Ritt einstellen. Da gibt’s dann halt nur 30 Prozent eines Monatsgehalts pro Beschäftigungsjahr Abfindung und weniger Arbeitslosengeld obendrein."
"Ist der n‘übergeschnappt?", fragten sich die Kollegen anschließend. Sie berichten, derartige Einschüchterungen in Hundts eigenem Betrieb, den Allgaier-Werken, zuletzt mehrfach erlebt zu haben. Von 60 Minuten Versammlung zu den über 100 Entlassungen, die am Nikolaustag ausgesprochen wurden, waren 50 Minuten Einschüchterung gewesen. Etwas verblüfft war die dreiköpfige Gefolgschaft des BDA-Präsidenten, als der Richter aufdeckte, dass mit ca. 25 Kollegen ein Viertel der Gefeuerten die Kündigung nicht akzeptierten.
"Schreib, dass es uns um unseren Arbeitsplatz geht und nicht um ein paar Euro mehr Abfindung", sagten sie uns bei einem Gespräch hinterher im Café. Und es gehe auch ums Prinzip, weil sie sich diese tiefen Demütigungen des ganzen Ablaufs nicht gefallen lassen wollen. Im Visier haben sie auch IG-Metall-Führung und den Betriebsrat. Der Betriebsrat hat sich erpressen lassen, eine sogenannte "Namensliste" zu unterschreiben, da im Raum stand, es käme sonst zu 300 Entlassungen. Diese "Namensliste" ist eine der Unterhöhlungen des Kündigungsschutzes aus Schröders Agenda 2010. Gibt es eine solche "Namensliste", ist der juristische Weg sehr erschwert.
Die Solidarität herzustellen, hat sich der am 21. Dezember gegründete Solikreis "Gegen die Entlassungen bei Allgaier - Gemeinsam sind wir stark" auf die Fahnen geschrieben. Die Arbeiter brauchen die Gewerkschaften gegen Kündigung, Ausbeutung und Unterdrückung. Jeder Austritt schwächt und stärkt die Unternehmer und ihre Verbände. Mit der "Dortmunder Erklärung" wurde den Kollegen eine Alternative vorgestellt, wie eine positive Gewerkschaftsarbeit aussehen kann. Auch darüber werden wir auf dem Solikreis sprechen.
Die nächsten Verhandlungen werden am 13. Januar und 20. Januar 2011 in Göppingen stattfinden.