Politik

Politisches Asylrecht in Deutschland? Fehlanzeige!

Eisenach (Korrespondenz), 03.01.11: Am Morgen des 20. Dezember wurde unser Freund, Montagsdemonstrant und "Eisenacher Aufbruch"-Mitglied Ahmet Demiroglu gegen seinen Willen von der Polizei aus der Wohnung seiner Lebensgefährtin Traudel König in Eisenach abgeholt. Nachdem er mehrere Tage in Suhl im Gefängnis saß, wurde er am 29. Dezember in die Türkei abgeschoben ("rf-news" berichtete).

Er wurde abgeschoben, obwohl er – seit seiner Jugend in sozialistischen Organisationen aktiv – in der Türkei schon mehrfach festgenommen und dort nach wie vor nach ihm gefahndet wurde. Er wurde abgeschoben, obwohl er und seine Lebensgefährtin seit Jahren heiraten wollen und gerade kurz davor standen, die nötigen Unterlagen aus der Türkei für das Standesamt zu bekommen – und sogar entgegen der Empfehlung der Landesregierung in Thüringen, bis zum 7. Januar keine Abschiebungen durchzuführen.

Aber der Fall von Ahmet Demiroglu ist auch kein Einzelfall: zurzeit werden durchschnittlich 25 Menschen am Tag aus Deutschland abgeschoben. Nur 2 Prozent aller Asylanträge werden überhaupt anerkannt, zumeist auch erst nach Jahren der Ungewissheit und einem Leben unter oft menschenunwürdigen Bedingungen in Asylbewerberheimen.

Sofort nach Ahmet Demiroglus Verhaftung entwickelte sich eine breite Solidaritätsbewegung. Noch am gleichen Abend zogen über 30 Eisenacher in einer spontanen Demonstration durch die Innenstadt. Vertreter der Eisenacher Montagsdemo, der MLPD und der Linkspartei brachten bei der Kundgebung am Markt ihre Empörung über die Verhaftung zum Ausdruck.

Aus ganz Deutschland gingen Protest- und Solidaritätserklärungen ein. Diese breite Solidaritätsbewegung wurde den zuständigen Behörden offenbar zu heiß. Es ist kein Zufall, dass gerade gegen einen türkischen Sozialisten, der mit einer bekannten Repräsentantin der MLPD in Eisenach zusammengelebt hat, mit solcher Härte vorgegangen wurde. Die Rechnung, damit die Solidarität zu untergraben, wird aber nicht aufgehen. Die Solidaritätsbewegung wird weiter gehen und die unmenschlichen und reaktionären Gesetze angreifen, die eine solche Abschiebung möglich machen.

Trotz der empörenden Abschiebung hatten wir an Silvester etwas zu feiern: Zum einen die überwältigende Solidarität, die sich in den letzten Tagen entwickelt hat. Zum anderen aber auch die gute Nachricht, dass Ahmet Demiroglu, nach dem ihn die türkischen Sicherheitsbehörden einen Tag lang unter fadenscheinigen Gründen festhielten, am 30. Dezember von einem Gericht in Istanbul freigesprochen wurde.

Das nächste Treffen des Solidaritätskreises findet am 10. Januar um 18 Uhr beim "Eisenacher Aufbruch", Katharinenstraße 42 in Eisenach statt.