Umwelt
Kanada: Gasaustritt aus CO2-Speicher
23.01.11 - Die deutsche Umweltorganisation Greenhouse berichtet, dass ein Farmer-Ehepaar in der kanadischen Provinz Saskatchewan ungewöhnliche Algenbildung und sterbende Tiere beobachtet hat. In unmittelbarer Nähe befindet sich das Weyburn-Ölfeld. Dort läuft ein Experiment, bei dem CO2 aus einer großen Kohlevergasungsanlage unterirdisch gespeichert werden soll. Diese Technik (CCS, engl. Carbon Dioxide Capture and Storage) ermögliche angeblich eine klimafreundliche fossile Verbrennung. Viele Wissenschaftler warnen davor.
Das ist eine Zeitbombe, denn das Gas kann das Grundwasser übersäuern und irgendwann wieder an die Erdoberfläche treten. Regionale Katastrophen lassen sich nicht ausschließen. Gerhard Hohenwarter, Klimatologe der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) auf der Hohen Warte in Wien: "Wenn CO2 in großen Mengen kompakt austritt, kann dies massive Auswirkungen auf die umliegende Natur haben." Er selbst habe im Owens Valley in Kalifornien beobachten können, wie leckgeschlagene natürliche unterirdische CO2-Lagerstätten für ein Waldsterben gesorgt hätten.
Dennoch haben inzwischen alle Energiekonzerne wie RWE, EnBW, Vattenfalls, Shell und BP Pilotanlagen für CCS errichtet. Die EU hat Förderzusagen für CCS-Projekte in Höhe von einer Milliarde Euro zugesagt. Dabei sind die Ölkonzerne sogar mit vorne dran. Sie verfolgen mit der Technik das Ziel, durch das Einpumpen von CO2 und anderen Gasen, Öl oder Erdgas aus Sand und Teerschichten herauspressen und fördern zu können. Ein tödlicher menschenverachtender Kreislauf: Mit der Ölverbrennung wird die Klimakatastrophe vorangetrieben, und deren Ursache, das Treibhausgas CO2 wird wiederum unter dem angeblichen Vorwand, es zu entsorgen, für die Steigerung der Öl- und Gasproduktion genutzt.
Die massiven Investitionen in die CCS-Technik verraten, dass die Kohle-, Öl- und Gaskraftwerksbetreiber weitere 40 bis 50 Jahre fossile Energieerzeugung beabsichtigen. Die heute sichtbaren Auswirkungen der begonnenen Klimakatastrophe gehen auf die fossile Verbrennung von vor 20 bis 30 Jahren zurück. Was seitdem ungebremst weiter drauf gepackt wird, lässt eine dramatische Entwicklung nur erahnen. Es ist wohl nicht mehr zu verhindern, dass das Klima für künftige Generationen völlig aus den Fugen geraten und die Lebensbedingungen auf der Erde in Frage stellen wird.
Aufgescheucht durch die Vorfälle in Kanada ist die brandenburgische Regierung. Wirtschaftsminister Ralf Christoffers von der Linkspartei spielte den Vorfall in Kanada herunter. Er sei von den dortigen Behörden nicht bestätigt und werde erst wissenschaftlich überprüft, sagte er letzten Donnerstag im Potsdamer Landtag. Christoffers bezeichnete das Thema deshalb als "politisch brisant", da gegen großen Widerstand in Ostbrandenburg CO2-Probebohrungen geplant sind.
Zum erwarteten Gutachten aus Kanada, auf welches uns Christoffers vertrösten will, ist soviel zu sagen: Die kanadische Zeitung "Vancouver Sun" hat in ihrer Dienstag-Ausgabe berichtet, dass ein wissenschaftliches Institut namens IPAC-CO2 klären soll, woher die CO2-Austritte tatsächlich stammen. Dieses "unabhängige" Institut wurde 2009 mit 14 Millionen kanadischen Dollar gegründet. Das Geld stammte von der kanadischen Provinz- und Landesregierung und von Royal Dutch Shell - jenem Öl-Multi also, der massiv auf CCS setzt.
Der Kampf um die Rettung der Umwelt vor der Profitgier muss mit aller Entschiedenheit geführt werden.
(Zur Einschätzung der MLPD über die Umweltfrage siehe auch das "Rote Fahne"-Interview mit Stefan Engel zum Jahreswechsel 2010/2011.)