Politik

Guttenberg: Vom "rückhaltlosen Aufklärer" zum Minister für systematische Vertuschung ...

21.01.11 - Wie hatte sich Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg doch gewunden, um die Bundeswehr aus den Negativschlagzeilen zu bringen und weiter an seiner Karriere zu basteln. "Rückhaltlose Aufklärung" versprach er bereits nach dem Massaker von Kundus mit 142 Toten durch einen Luftangriff - mit dem Ergebnis, dass er vom Untersuchungsausschuss des Bundestags reingewaschen wurde. Jetzt holt Guttenberg die Realität in der Bundeswehr wieder ein.

Der neueste Skandal: Ein 21 Jahre alter Hauptgefreiter starb Ende des letzten Jahres in Afghanistan nicht durch einen tragischen Unfall, wie es bislang hieß, sondern durch ein tödliches "Spiel" mit Waffen. Einer der dazu verhörten Soldaten gab zu Protokoll: "Die haben sich die Waffen vor die Nasen gehalten." Der Ermittlungsbericht der Feldjäger wurde zwar an die Staatsanwaltschaft in Potsdam geschickt, vor der Öffentlichkeit seither aber unter dem Deckel gehalten.

Vertuscht wurden wochenlang auch die wahren Hintergründe des tödlichen Sturzes einer 25-Jährigen Offiziersanwärterin am 7. November 2010 aus der Takelage des Segelschulschiffes Gorch Fock. Wie sich jetzt heraus stellt, wurden Kadetten trotz Höhenangst und Bedenken von den Vorgesetzten gezwungen, in die bis zu 45 Meter hohen Masten zu steigen. Dabei war dies ausdrücklich als freiwilliger Dienst festgelegt. Die abgestürzte Soldatin unterschritt zudem mit 1,59 Meter die erforderliche Mindestgröße, um sich in der Takelage sicher bewegen zu können. 

Als sich nach ihrem Tod andere Soldaten weigerten, in die Takelage zu steigen und ihre Vorgesetzten zur Rede stellten, wurden sie mit dem Vorwurf der "Meuterei" kriminalisiert und eingeschüchtert. Nicht der Tod der Offiziersanwärterin, sondern die wachsende Empörung über den Umgang der Vorgesetzten damit (zwei Tage danach gab es unter anderem eine Karnevalsfeier an Bord) war offenbar der Grund dafür, dass die Bundeswehr-Führung kurz darauf entschied, die Offiziersausbildung auf der Gorch Fock fürs Erste zu beenden. Es stellt sich die Frage, inwieweit auch das Öffnen zahlreicher Briefe von Soldaten aus Afghanistan dazu diente, das Durchsickern brisanter Informationen zu verhindern.

Während Guttenberg all dies auf das "Fehlverhalten" Einzelner abschiebt, wird immer deutlicher, dass die aktuellen Skandale nur die Spitze eines Eisbergs sind, den der Verteidigungsminister selbst so gern als "Kriegsführung" bezeichnet. Zunehmende Verrohung von Soldaten, der Drill zu Kadavergehorsam und die Bereitschaft von Offizieren, eiskalt über Leichen zu gehen, sind zwangsläufige Begleiterscheinungen der Ausrichtung der Bundeswehr auf aggressive imperialistische Interventionskriege.

Und genau dieser Weg wird mit ihrem Umbau zur Berufs- und Zeitsoldatenarmee noch verstärkt. Dadurch sollen kritische Kräfte noch mehr als bisher aus der Bundeswehr ferngehalten und die Soldaten systematisch auf die Strategie der Aufstandsbekämpfung im Aus- und Inland vorbereitet werden. Als ein Kernstück der weiteren Militarisierung von Staat und Gesellschaft ist dieser Schritt deshalb grundsätzlich abzulehnen.