Umwelt

Trauer und Wut müssen sich zum aktiven Widerstand entwickeln

Trauer und Wut müssen sich zum aktiven Widerstand entwickeln
Offenes Mikrofon der Montagsdemo in Gelsenkirchen (rf-foto)

22.03.11 (13.30 Uhr): Ungeachtet aller Versuche über die internationalen bürgerlichen Medien, die Atomkatastrophe in Japan zu verharmlosen, haben gestern in Deutschland über 141.000 Menschen in 726 Städten an Demonstrationen, Kundgebungen und Mahnwachen aus Solidarität und Anteilnahme für die von der Katastrophe betroffenen Menschen in Japan, und für eine sofortige Stilllegung aller AKWs teilgenommen. Überall entwickelten sich breite Aktionseinheiten, Menschen aus der Montagsdemobewegung, der Friedensbewegung und der Umweltbewegung fanden zusammen zum gemeinsamen Handeln.

Die seit Jahren durchgeführten Montagsdemos gegen die Hartz-Gesetze verwandelten sich in vielen Städten zu Sammelpunkten des Widerstands und Protestes. So wie in Uelzen, wo die kleine Gruppe konsequenter Montagsdemonstranten zu einer Demonstration mit über 200 Teilnehmern angeschwollen ist. In Schweinfurt nahmen 700 Menschen an der Mahnwache teil, darunter auch Kollegen aus Großbetrieben, die ihre Schicht unterbrochen hatten, über 1.500 demonstrierten in München, 450 in Dresden. Vielerorts wurden weiße Blumen niedergelegt, als Zeichen der Trauer, da in Japan weiß die Farbe der Trauer ist.

Das "offene Mikrofon", bewährt aus hunderten Montagsdemonstrationen, gab gute Gelegenheit zu einem intensiven und gleichberechtigten Meinungsaustausch, welcher Weg gegen die Atompolitik einzuschlagen ist. So wird aus Heilbronn berichtet: "Über den Weg gibt es noch ganz verschiedene Meinungen, z.B. Petition an die Regierung, Wechsel des Stromanbieters usw. In einem Kulturbeitrag gingen wir auf die erfolgreiche Verhinderung des AKW Wyhl im Dreiländereck Deutschland-Frankreich-Schweiz durch den Widerstand in den 1970er Jahren ein. Dieser war von Anfang an verbunden mit dem  Kampf um demokratische Rechte und ein Impuls für die Friedensbewegung, die sich gegen die Vorbereitung eines atomaren dritten Weltkriegs formierte."

Insbesondere Vertreter von Greenpeace propagieren, den "Atomausstieg selber machen", indem man zu einem "Ökostrom-Anbieter" wechselt, was bereits eine Million Kunden in der BRD gemacht hätten. Das Bestreben, Strom aus erneuerbaren Energien zu beziehen, ist sicher richtig. Die Orientierung auf den "Anbieterwechsel" unterschätzt allerdings die erforderliche Härte des Kampfes und lenkt von ihm ab. Die internationalen Energiemonopole werden ihre profitträchtigen AKWs nicht freiwillig aufgeben. Dazu müssen sie von einer internationalen Widerstandsfront gezwungen werden.

Eine wichtige Frage, die gründlich geklärt werden muss, ist, ob man dabei stehen bleiben kann, seine tiefe Trauer und Betroffenheit zu zeigen. In Gelsenkirchen erklärten die Moderatoren der Kundgebung, Thomas Kistermann und Monika Gärtner-Engel: "Wir trauern. Wir mahnen und wir gedenken der Opfer. Das ist richtig! Doch es reicht uns nicht. Das, was in Japan passiert ruft außer Trauer auch unsere Empörung, unsere Wut, unsere Gegenargumente, unseren aktiven Widerstand hervor. Wir müssen darüber diskutieren, argumentieren, Forderungen aufstellen, kämpfen. Ein Erdbeben ist eine Naturkatastrophe - ein atomares Inferno nicht: das geht auf bewusst und wider besseres Wissen gemachte Politik zurück. Stilllegung aller AKWs - sofort und weltweit!"

Und aus Essen wird berichtet: "Unterschiedliche Auffassungen gab es zu der dann vereinbarten Viertelstunde Schweigen. Umso lauter wurde es dann aber anschließend, als auf Vorschlag von MLPD und Montagsdemo eine spontane Demo zurück zum Hauptbahnhof durchgeführt wurde, der sich ca. 400 Menschen anschlossen (...)" In den Diskussionen am offenen Mikrofon ging es auch um die gesellschaftliche Perspektive des echten Sozialismus, oft verbunden mit einer Kritik am Versuch der Grünen, sich nun als Anführer der Anti-Atom-Bewegung darzustellen, obwohl sie in der "rot-grünen" Regierung der Laufzeitverlängerung zugestimmt hatten.

Wie in Bremen, wo bei der Mahnwache Umweltsenator Loske (Grüne) sprach und von Zwischenrufe "Abschalten - sofort" unterbrochen wurde, als er die Rückkehr zum "rot-Grünen" sogenannten "Atomausstieg" forderte. Dieser wurde auch in einigen Redebeiträgen als das angegriffen, was er ist: Ein Szenarium, das die Anti-Atom-Bewegung vor 20 Jahren spaltete und weitgehend zerstörte.

Die Widerstandsbewegung gegen die Atompolitik muss es auch schaffen, mit dem modernen Antikommunismus fertig zu werden, der sich in Versuchen äußert, "die Politik" rauszuhalten, keine Transparente oder Plakate mitzuführen, oder, wie in Bochum am 14. März der MLPD zu unterstellen, sie würde die Demonstration "instrumentalisieren". Die MLPD hatte auf Bitten darauf verzichtet, bei der Mahnwache das offene Mikrofon einzusetzen, und dies erst bei einer anschließenden spontanen Demonstration gemacht. Dennoch wurde über alle lokalen Radiosender verbreitet, die MLPD wolle die Bochumer Kundgebung für sich ausnutzen.

Derart üble Hetze soll die Front des aktiven Widerstands spalten, indem die Perspektive des echten Sozialismus ausgegrenzt wird. Die MLPD ist nicht nur ein Garant der Überparteilichkeit dieser Bewegung, sondern arbeitet mit allen Kräften daran, dass sich eine internationale Front des Widerstands entwickelt. Sie ruft zur Teilnahme an den Großdemonstrationen am kommenden Samstag, den 26. März, in Berlin, Hamburg, Köln und München auf. Alle Informationen zu den Demonstrationen hier.