Umwelt
Vor einem Jahr: Schlimmste Ölkatastrophe durch BP verursacht
22.04.11 - Gestern vor einem Jahr explodierte die vom BP-Konzern betriebene Bohrinsel "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko. In drei Monaten flossen rund 780 Millionen Liter Rohöl aus, bevor das Leck in 1500 Meter Tiefe provisorisch geschlossen werden konnte. Hunderte Millionen Liter giftiger Chemikalien wurden zur Zersetzung des Öls zusätzlich ins Meer gekippt. An mehr als 1.000 Kilometer Küste wurde die Pflanzen- und Tierwelt weitgehend zerstört. Fischer verloren ihre Arbeit, Touristenorte mussten ihre Tore schließen. 48.000 Menschen kämpften gegen das Öl. Nach der schlimmsten Ölpest aller Zeiten behaupten nun einige Wissenschaftler, die im Auftrag der US-Regierung ein "Gutachten über die Zerstörung der natürlichen Ressourcen" erstellen sollen, das Ökosystem habe sich angeblich beinahe vollständig erholt.
Ed Overton von der Louisiana State University: "Ich bin einen Kilometer am Strand entlanggegangen, und da war kein einziger Teerklumpen in Sicht. Es war so schön, wie ich es je gesehen habe." US-Präsident Barack Obama bläst in das gleiche Horn. Die US-Regierung werde dafür sorgen, "die Golfküste stärker dastehen zu lassen als zuvor". 75 Prozent des Öls wären unschädlich gemacht worden. Auf der Grundlage solcher Schönfärbereien wurden schon kurze Zeit nach dem Desaster Tiefseebohrungen im Golf wieder erlaubt – unter nur leicht verschärften Sicherheitsvorkehrungen. Auch BP rechnet damit, im Sommer wieder die Lizenz dafür zu bekommen.
Viele von BP bzw. vom Staat unabhängige Wissenschaftler kritisieren den zur Schau getragenen Optimismus Obamas. Samantha Joye von der University of Georgia ist überzeugt: "Das Öl ist nicht weg, es ist bloß nicht da, wo wir es sehen können.” Ein Team um Vernon Asper (University of Southern Mississippi) hatte Monate nach der Katastrophe eine riesige Ölwolke in 1.000 Meter Tiefe absinken sehen. In Wirklichkeit sind 75 bis 79 Prozent des Öls noch da, nur auf dem Meeresboden. Zentimeterdicke Ölablagerungen ersticken alles Leben.
Die Wissenschaftler fanden auch durch die Chemikalien deformiertes Öl, dass statt in Tropfenform in zähflüssige Fäden, einer Mischung von Öl und Plankton, im Meer schwebt. Über 400 Delfine sind außerdem in den letzten Monaten in der Golfregion auf rätselhafte Weise gestorben. Auch merkwürdige Flecken sind unter anderem auf Krebsen festzustellen. Sogar an der Oberfläche findet sich noch Öl. An den Stränden Floridas stößt man z.B. immer wieder auf Öl in Form von kleinen Teerklumpen. Fischer berichten, dass die Kiemen der Garnelen, die sie aus dem Wasser ziehen, mit Öl verklebt seien.
Fast die Hälfte der Menschen in der Region leidet laut Umfragen an Kopfschmerzen, Atembeschwerden, Hautreizungen und Depressionen, weil sie öl- und chemikalienverseuchten Luft eingeatmet haben. Die Krankheit nennen sie "BP-Grippe". Dafür gibt es keinen müden Cent als Entschädigung. Viele Existenzen in der Fischerei und im Tourismus sind für immer zerstört. Die davon Betroffenen müssen endlos kämpfen um Entschädigungen aus dem 20 Milliarden Dollar schweren Entschädigungsfonds, den BP auf öffentlichen Druck einrichten musste. Die Zahlungen werden ständig verzögert. BP nutzt dabei die Notlage der Fischer aus und lockt mit Sofortzahlungen, wenn sie auf weitere Klagen verzichten.
Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko ist wie die Atomkatastrophe von Fukushima ein warnendes Signal des begonnenen Übergangs in eine globale Umweltkatastrophe. Die Neuorganisation der internationalen Produktion in weltumspannende Produktionsverbünde seit Anfang der 1990er Jahre hat zu einer globalen Jagd der Riesenkonzerne nach Maximalprofiten geführt. Dabei wird weder Rücksicht auf die Arbeiter noch auf die Natur genommen. Damit ist die systematische und allseitige Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit untrennbarer Bestandteil der kapitalistischen Produktion geworden.
Nehmt ihnen die Welt aus der Hand, eh sie verbrannt!