International
1. Mai 2011: Wachsende Suche nach einer Alternative zum Kapitalismus und Proteste gegen die Atompolitik der Herrschenden
01.05.11 - Vor allem im Zeichen der Kritik am Kapitalismus und der Suche nach einer gesellschaftlichen Alternative standen die heutigen Demonstrationen und Kundgebungen zum 1. Mai 2011. Mit im Zentrum stand dabei - sieben Wochen nach der Atomkatastrophe von Fukushima - der Protest gegen die herrschende Atompolitik und die Forderung nach sofortiger Stilllegung der Atomkraftwerke. Ein weiterer Schwerpunkt der Auseinandersetzungen war der wachsende Unmut über die Ausbeutungsoffensive in den Betrieben, über Dumpinglöhne, zunehmende Leiharbeit, Nichtübernahme von Auszubildenden usw. Laut DGB nahmen heute bundesweit 423.000 Menschen an rund 500 Veranstaltungen teil, fast so viele wie im letzten Jahr.
Auch aus anderen Ländern gibt es erste Berichte über den internationalen Kampftag der Arbeiterklasse. Dass erstmals die neu gegründete ICOR ("Internationale Koordinierung revolutionärer Parteien und Organisationen") dazu aufgerufen hatte, stärkte das Gefühl, an diesem Tag als Teil einer weltumspannenden Kraft auf die Straße zu gehen, die in der Lage ist, der revolutionären Perspektive der Arbeiterbewegung einen neuen Aufschwung zu verleihen.
In Japan forderten kämpferische Gewerkschafter, linke Organisationen und Umweltschützer die sofortige Stilllegung der Atomkraftwerke. 21.000 Teilnehmer waren nach offiziellen Angaben zu einer zentralen Kundgebung auf dem Yoyogi-Park in Tokio gekommen. Eine weitere große Kundgebung fand im Hibiya-Park statt. In Ägypten betonten die Redner bei der zentralen Kundgebung auf dem Tahrir-Platz in Kairo, dass der 1. Mai zum ersten Mal seit Jahrzehnten ohne die allgegenwärtige staatliche Kontrolle und Unterdrückung kämpferischer Kräfte begangen werden konnte. Auch aus Russland und Indien wird von großen Kundgebungen und Demonstrationen berichtet. Über eine Million Menschen versammelten sich heute auf dem Taksim-Platz in Istanbul. Von vier verschiedenen Plätzen aus waren Demonstrationszüge am Vormittag gestartet. Dabei wurde unter anderem den Opfern der Polizeischüsse am 1. Mai 1977 gedacht. In Rotterdam nahmen gut 500 Teilnehmer teil (der 1. Mai ist in den Niederlanden kein Feiertag). Anwesend war unter anderem auch eine kleine Delegation der MLPD.
In Deutschland verbanden sich unter anderem in Dortmund und Heilbronn die Aktionen zum internationalen Kampftag der Arbeiterklasse mit antifaschistischen Demonstrationen gegen die provokativen Versuche von Faschisten, diesen Tag für ihre Propaganda zu missbrauchen. Aus Heilbronn heißt es in einem ersten Kurzbericht: "Ab 8 Uhr frühmorgens war die ganze Bahnhofsvorstadt von der Polizei und Bundesgrenzschutz abgeriegelt worden. Antifaschisten, die mit der Bahn angereist sind, wurden bei der Ankunft am Bahnhof von der Polizei sofort eingekesselt."
Auf großes Interesse stieß heute das neue Buch "Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution", das von Verkäufern der MLPD sowie an ihren Infoständen angeboten wurde. Das steht im krassen Gegensatz zu den Ausgrenzungsversuchen rechter Gewerkschaftsführer gegenüber der revolutionären Position des echten Sozialismus in einigen Städten. Auch dort wo im Vorfeld versucht wurde, Info-Stände der MLPD zu verweigern - in Karlsruhe sogar mit der Begründung der Unvereinbarkeitsbeschlüsse innerhalb der IG Metall - getrauten sich die Verantwortlichen in der Regel nicht, dies durchzusetzen - eine peinliche Schlappe für die antikommunistischen Kräfte innerhalb der DGB-Führung.
Stolz wird aus Karlsruhe berichtet: "Allerdings ließ sich die Partei ihr Recht, auf öffentlichem Raum einen Stand durchzuführen, nicht nehmen und ließ sich auch von Drohungen nicht abhalten. Der Stand wurde durchgesetzt und blieb stehen. Sehr erfreulich war die Solidarität, die die Partei in dieser Sache erlebte. Alle teilnehmenden Parteien, einschließlich SPD und Grünen zeigten ihr Unverständnis über den Ausschluss, welcher vor Ort sehr heftig diskutiert wurde."
In Herne ging der DGB-Ortsvorstand dagegen so weit, den MLPD-Stand von der Polizei abräumen zu lassen. In einer Korrespondenz heißt es dazu: "Dies stieß auf großen Protest seitens der Umstehenden und wurde zu dem Gesprächsthema auf dem Platz. Auf völliges Unverständnis stieß, dass ausdrücklich jede Begründung für das Vorgehen verweigert wurde. Gegen Peter Weispfenning (MLPD) soll sogar ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet werden. Er erklärte dazu gegenüber der 'WAZ': 'Es darf nicht Schule machen, dass in der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung gegen unterschiedliche politische Ansichten mit Polizeieinsätzen und Kriminalisierung vorgegangen wird. Die deutsche Arbeiterbewegung darf sich nie wieder feindlich aufspalten lassen in Kommunisten, Sozialdemokraten und andere Strömungen. Diese bittere Lehre sollte jeder aus 1933 gezogen haben.' Die MLPD fordert nun eine Zusage, dass im nächsten Jahr wieder 'vernünftig und demokratisch' zusammengearbeitet wird."
Ein besonderes Ereignis war heute die feierliche Eröffnung des Büros der ICOR in Gelsenkirchen, Buerer Str. 39. Rund 50 Gäste nahmen daran teil, darunter Mitarbeiter der ICOR, Vertreter von Ranjabaran (Iran), der MLPD, des REBELL, von "Solidarität International", dem Frauenverband Courage, von "AUF Gelsenkirchen", "Kumpel für AUF" sowie des VermögensVerwaltungsVereins".
Im Folgenden Auszüge aus ersten bei "rf-news" zum 1. Mai eingegangenen Korrespondenzen.
Aus Berlin wird berichtet: "Dieses Jahr demonstrierten mit etwa 10.000 Teilnehmern in etwa so viele wie letztes Jahr. Vorneweg die Kolleginnen und Kollegen, die ab Montag bei der Uniklinik Charité einen unbefristeten Vollstreik für mehr Lohn beginnen werden. Nach zwei Jahren Stand-Verbot durch den DGB mit einem entsprechenden Polizeieinsatz im letzten Jahr wurde der Stand der MLPD dieses Mal genehmigt, allerdings etwas am Rande. Wir führen deshalb zusätzlich Umzüge über den Platz durch."
Zwischen 6.000 und 8.000 Kolleginnen und Kollegen waren zur Demonstration in Hamburg zusammengekommen, die in einem langen Zug vom Gewerkschaftshaus bis zur Abschlusskundgebung am Museum der Arbeit zog. In einer Korrespondenz wird dazu berichtet: "Viele Kollegen spürten, dass das zahme DGB-Motto nicht so richtig in die bewegten Zeiten passt. So musste der Vorsitzende der IG BAU, Wiesenhügel, auch ab und an kämpferische Töne von der Bühne anschlagen, sich für den weiteren Kampf gegen Rente 67 ausspreche, ebenso wie gegen die Nutzung der Atomenergie und für die Stilllegung aller AKWs. Wie schon im Vorjahr gab es ein gemeinsames Auftreten der Aktionseinheit von MLPD, TKIP, Ranjbaran, dem Jugendverband REBELL und der KP Iran. Unübersehbar war deren gemeinsames Transparent mit der Losung 'Es lebe der 1.Mai - Proletarier aller Länder vereinigt euch'. Der große Bücher- und Informationsstand der MLPD konnte wie selbstverständlich an bestens positionierter Stelle aufgebaut werden."
Etwa 1.000 Teilnehmer hatten sich in Düsseldorf zur Kundgebung am 1. Mai versammelt. In einem Bericht heißt es: "Es wurde eine sehr kämpferische Veranstaltung wie lange nicht mehr. Dabei fiel auf, dass die Umweltfrage bei den Massen immer mehr in den Mittelpunkt rückt. Entsprechend gut wurde das offene Mikrofon genutzt. Besonders interessant war der Beitrag des Wirtschaftswissenschaftlers Rudolf Hickel von der Universität Bremen, der eine sehr kämpferische Rede frei vortrug. Er stellte heraus, dass der 1. Mai kein Feiertag sondern ein Kampftag sei und kritisierte den bürgerlichen Kampfbegriff 'Restrisiko' im Bezug auf Atomkraftwerke als 'größtes Verbrechen'. Es bestünde eher ein 'Systemrisiko', führte er weiter aus und betonte, dass die Wirtschaftskrise noch nicht vorbei sei. 'Widerstand ist notwendig', war das Fazit seiner begeisternden Rede."
In München waren 8.000 Leute bei der Kundgebung: "3.000 beteiligten sich bei der Demo – etwas mehr als letztes Jahr. Bürgermeister Uhde (SPD) hielt sein alljährliches Grußwort, unter anderem kritisierte er die Leiharbeit. Er wurde anschließend mit unüberhörbaren Zwischenrufen von Kollegen der GDL zur Rede gestellt wegen der Leiharbeit in Münchens Verkehrsbetrieben."
In Gelsenkirchen beteiligten sich über 3.000 Menschen an der Schlusskundgebung. Die kämpferische Opposition machte um 9.30 Uhr den Auftakt mit einer Kundgebung vor dem Musiktheater mit 200 Teilnehmern: "Am offenen Mikrofon sprachen Vertreter der Montagsdemonstration, vom Solikreis 'Mutige Marie', Stefan Engel als Hauptkoordinator der ICOR, von Courage, der MLPD, des REBELL, vom Bezirksfrauenrat von Verdi und ein griechischer Arbeiter. Nach dem gemeinsamen Singen der 'Internationale' wurde das Mikrofon an die beiden Pastoren übergeben zu einem gemeinsamen ökumenischen Gottesdienst zusammen mit christlichen Sozialverbänden, KAB (Katholischer Arbeiterbund) und dem Industrie und Sozialpfarramt. Danach zogen 1.200 in einem Demonstrationszug, angeführt von der Bergwerkskapelle, zum Kundgebungsplatz auf den Neumarkt. Mehrere junge Leute haben sich in die Mitmachlisten des REBELL für Widerstandsgruppen eingetragen, einige davon wollen direkt REBELL-Mitglied werden."
Aus Stuttgart heißt es: "3.000 bis 4.000 Teilnehmer an der diesjährigen 1.Mai-Demonstration und Kundgebung des DGB: Die geringere Teilnehmerzahl als in den vergangenen Jahren führte ein Verdi-Vertreter darauf zurück, dass viele Mai-Demonstranten dieses Jahr gegen den Naziaufmarsch nach Heilbronn protestieren gegangen sind. Während der Demonstration kam es dann zu einem Überfall türkischer Faschisten mit Verletzten auf der Seite türkischer Demonstranten. Besondere Beweggründe, dieses Jahr am 1. Mai auf die Straße zu gehen, war einerseits die steigende Ausbeutung besonders bei Daimler, aber auch das fortgesetzte Lohndumping etwa jetzt im Rahmen der 'Arbeitnehmerfreizügigkeit'. Für viele waren auch der Protest gegen die Kriegseinsätze der NATO wie gegen das libysche Volk ein Grund, am 1. Mai auf die Straße zu gehen, während die Atomkatastrophe von Fukushima weniger eine Rolle spielte. Eine gewachsene Zahl von Demonstranten im Vergleich zum Vorjahr nannte eigene Sympathien für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung als wichtigen Grund, am 1. Mai zu demonstrieren."
Zwischen 4.000 und 5.000 Menschen fanden sich in Duisburg bei wunderschönem Frühlingswetter auf dem Gelände des Landschaftsparks in Duisburg ein. Im Bericht heißt es: "Zuvor hatten über 2.000 Menschen an der kämpferischen 1. Mai-Demonstration teilgenommen, was eine stärkere Teilnahme als in den letzten Jahren bedeutet."
Aus Bochum wird heute über eine kämpferische Demonstration mit offenem Mikrofon der Opel-Kollegen und vielen neuen Unterzeichnern für die "Dortmunder Erklärung" berichtet: "Der große Stand der MLPD war der attraktivste auf dem Kundgebungsplatz."
Zwischen 800 und 1.000 Teilnehmer nahmen in Bottrop am 1. Mai teil. Hier war die zentrale Kundgebung der Bergarbeiter. In der Korrespondenz wird berichtet: "Nach dem Eintreffen des Motorradkonvois der Bergleute auf dem Gleiwitzer Platz setzte sich die Demonstration in Richtung Berliner Platz in Bewegung. Zuvor hatte ein Vertreter der Bergarbeiterbewegung 'Kumpel für AUF' die bereits anwesenden Bergleute am offenen Mikrofon begrüßt und die Solidarität mit ihrem Kampf gegen die Schließung der Zechen erklärt. Die Versuche eines IGBCE-Ordners, sich auf ein – nicht existierendes - Hausrecht zu berufen, wurden offensiv zurück gewiesen. Sowohl MLPD als auch 'Kumpel für AUF' führten ihre Stände durch."
"rf-news" und "Rote Fahne" werden weiter über die Aktivitäten am 1. Mai berichten.