Politik
Neues "Cyber-Abwehrzentrum" - Zusammenarbeit von Geheimdiensten, Polizei und Militär wird intensiviert
17.06.11 - Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) eröffnete am Donnerstag das "Nationale Cyber-Abwehrzentrum" (NCAZ) in Bonn. "Mit dem heutigen Tag setzen wir unsere präventive IT-Sicherheitspolitik fort", sagte er bei seiner Eröffnungsrede. Das Zentrum, welches seine Arbeit bereits am 1. April aufgenommen hat, hebt die nach den Erfahrungen des Hitler-Faschismus verbotene, aber schleichend wieder eingeführte Zusammenarbeit von Geheimdiensten, Polizei und Armee auf eine neue Stufe. Der IT-Geheimdienst "Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik" (BSI) kooperiert hier mit dem Inlandsgeheimdienst "Verfassungsschutz", dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK), dem Bundeskriminalamt, der Bundespolizei, dem Zollkriminalamt, der Bundeswehr und dem Auslandsgeheimdienst BND.
Hinter Friedrichs "präventiver IT-Sicherheitspolitik" steckt unter anderem die gewachsene Rivalität zwischen den Imperialisten, die sich auch in verstärkten gegenseitigen Internet-Angriffen zeigt. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärte in einem internen Papier "Nato-Planung für Cyber-Verteidigung", das der "Spiegel" am 22. Mai veröffentlichte, die größte Gefahr im Internet gehe nicht von Kriminellen oder Terroristen aus, sondern von anderen Staaten. Mit "robusten" Methoden sollten die Nato-Staaten bereits im Vorfeld einer möglichen Attacke aktiv werden, also selbst angreifen. Dafür wurde die neue Nato-Hackerabteilung "Emerging Security Challenges Division" geschaffen.
Die gleichen Methoden und Einrichtungen können aber nicht nur im zwischenimperialistischen Konkurrenzkampf eingesetzt werden, sondern auch zur Unterdrückung fortschrittlicher bzw. revolutionärer Bewegungen und Organisationen. Im Gespräch mit "rf-news" meint dazu der Gelsenkirchener Rechtsanwalt Frank Jasenski: "Es geht bei dem sogenannten 'Abwehrzentrum' sicher auch um ökonomische Ziele zur Sicherung des Maximalprofits der internationalen Konzerne gegen Internet-Spionage oder -Sabotage. Das gehört bekanntlich ebenfalls zu den Aufgaben der Geheimdienste.
Eine weitere Seite ist der militärische Zweck. Auch die USA haben in diesem Bereich in den letzten Jahren massiv aufgerüstet. So wurde das 'Cyber Command' inzwischen den anderen klassischen Kommandozentralen in der US-Army gleichgestellt. Erst kürzlich hat die US-Regierung gedroht, auf Internet-Angriffe gegen ihre zentralen Einrichtungen gegebenenfalls direkt militärisch zu antworten. Mit dem 'Stuxnet'-Virus wurde von ihr bereits eine Waffe entwickelt, die eine Selbstzerstörung der iranischen Uranzentrifugen auslösen sollte.
Es ist wohl kaum Zufall, dass das Bonner Zentrum ins Leben gerufen wird, nachdem das Internet eine wachsende Rolle bei der Organisierung von Protesten und Aufstandsbewegungen wie in Nordafrika oder auch länderübergreifender Widerstandsaktionen und Kampftage bekommt. Es nennt sich zwar 'Abwehrzentrum', dient aller Erfahrung nach aber auch zur Durchführung aktiver Maßnahmen der Bespitzelung und Unterdrückung politischer Gegner über das Internet.
Das reicht von Online-Durchsuchungen über die Zerstörung von Computer-Netzwerken bis zu gezielten Desinformationsmaßnahmen oder dem Lahmlegen des gesamten Internet, wie es in den nordafrikanischen Ländern gegen die Aufstandsbewegungen zeitweise gemacht wurde. Wirklich geholfen hat das bekanntlich weder Ben Ali in Tunesien noch Mubarak in Ägypten, unter anderem weil sich die Protestierenden vom Internet auch nicht abhängig gemacht haben."