Politik
Steuern: Ein gebrochenes Wahlversprechen neu aufgelegt
04.07.11 - In einer gemeinsamen Telefon-Konferenz einigten sich die Vorsitzenden der Regierungsparteien CDU, Angela Merkel, CSU, Horst Seehofer, und FDP, Philipp Rösler: „Kleinere und mittlere Einkommen werden zum 1. Januar 2013 steuerlich entlastet... Außerdem werden wir angesichts der guten Beschäftigungslage die Sozialversicherungsbeiträge senken.“ Die tiefgehende Skepsis der Werktätigen in solche Ankündigungen für das Wahljahr 2013 ist mehr als berechtigt.
Bereits vor zwei Jahren war das große Wahlversprechen der Regierungsparteien „mehr Netto vom Brutto“. Gerade die FDP, die in Umfragen in der letzten Zeit inzwischen ins Bodenlose stürzt, wollte mit Steuern punkten. Das Steuersenkungs-Versprechen ist eine Maßnahme zur Stabilisierung einer äußerst labilen Regierung, die von allen Seiten unter Beschuss ist. Nach dem Motto „Vorfreude ist doch die schönste Freude“ erneuern die Regierungsparteien nun bereits zwei Jahre vor der nächsten Wahl das gebrochene Versprechen. Nur scheibchenweise soll bis dahin geklärt werden, was eventuell um wie viel gesenkt werden soll. So soll die Sorge und der zunehmende Unmut der Werktätigen über wachsende Teuerungsraten und eine Diskussion in den den Betrieben über den notwendigen Lohnnachschlag gedämpft werden. Zudem kündigte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bereits an, bei einer Steuerentlastung an anderer Stelle Ausgaben zu kürzen, das gilt dann sicher nicht für Banken und Konzerne.
Die von Schäuble propagierte Alternative, entweder Schuldenabbau oder Steuersenkung, ist lediglich eine Scheinalternative. Auch ohne Steuerentlastung der Werktätigen in den vergangenen Jahren stieg die Verschuldung ins Gigantische, so dass allein der Bund heute täglich 100 Millionen Euro Zinsen in die Kassen der Banken zahlt. Tatsache ist vielmehr, dass mit jeder Tariferhöhung oder Überstunde nach dem geltenden Steuerrecht sich für die Werktätigen der zu zahlende Steuersatz für den ganzen Bruttolohn erhöht. Wenn die Regierung jetzt groß ankündigt, diese so genannte „kalte Progression“ abzubauen, dann handelt es sich lediglich um einen Teilverzicht auf diese „heimlichen“ Steuererhöhungen statt einer tatsächlichen Steuerentlastung für die Werktätigen. Ganz im Gegensatz dazu wurden laufend die Unternehmenssteuern gesenkt, die letzte große Steuersenkung war im Jahr 2008. Inzwischen zahlen Unternehmen, alles zusammengenommen, maximal 29,83 Prozent Steuern auf ihre Gewinne - und das auch nur von den Summen, die sie als Gewinn ausweisen.
Scheinbar volksnah fordert SPD-Chef Sigmar Gabriel jetzt, man solle statt der Steuersenkung den Spitzensteuersatz, die so genannte Reichensteuer, erhöhen, um damit eine dauerhafte Absenkung der Sozialabgaben zu finanzieren. Tatsächlich war es die Schröder/Fischer-Regierung, die den Spitzensteuersatz von 49 auf 42 Prozent gesenkt hat und dann insbesondere in der Großen Koalition mit der CDU/CSU die Sozialabgaben für die Werktätigen und ihre Familien durch ständige Erhöhungen der Eigenbeteiligungen im Krankheitsfall hochschraubte. Die jetzt von der Bundesregierung in Aussicht gestellte Steuerentlastung wird – in der Größenordnung, die bisher bekannt wurde - einer Familie kaum reichen, um die angekündigten Zusatzbeiträge in der Krankenversicherung zu bezahlen. Der selbständige Kampf um einen Lohnnachschlag wird immer wichtiger.