Umwelt

Fukushima: Kein Grund zur Entwarnung

21.07.11 - Die Atomkatastrophe in Fukushima ist in den letzten Wochen weitgehend aus den Schlagzeilen verschwunden. Verbreitet werden zur Irreführung der Weltöffentlichkeit immer wieder auch Erfolgsmeldungen: Eine stabile Kühlung der Brennstäbe sei erreicht worden, die Strahlungswerte um das havarierte AKW würden ständig fallen und das Herunterfahren des Kraftwerks soll bis Januar 2012 abgeschlossen sein.

Tatsächlich hat die Betreiberfirma Tepco die Atomkatastrophe keineswegs im Griff. Die drei Kernschmelzen sind immer noch aktiv und können sich bei ausbleibender Kühlung schnell kritisch verhalten. Die Probleme, ein stabiles Kühlsystem einzurichten, sind aber längst nicht gelöst. Der gesamte behelfsmäßige Aufbau des Kühlsystems ist äußerst anfällig. Die große Filteranlage des Kühlwassers liegt weit unter der notwendigen Kapazität und fällt wegen technische Störungen oft aus. Erst vorigen Sonntag musste sie erneut mehrere Stunden wegen eines Lecks angehalten werden.

Zur Einleitung von Wasser wurden einfach Schläuche von oben in die Reaktorblöcke gehängt. Dabei sind in dieser Jahreszeit schwere Wirbelstürme zu erwarten. Bisher hat zum Glück noch kein Sturm das AKW mit voller Wucht getroffen. Zurzeit läßt der Taifun Ma-on mit seinen Regenfällen den Pegel an schwer radioaktiv belastetem Abwasser im Kellergeschoss von Reaktor 1 stark ansteigen, so dass ein Überlaufen befürchtet wird.

Auch die Einleitung von Stickstoff zur Verhinderung einer weiter möglichen Wasserstoff-Explosion ist trotz des Einsatzes von Robotern im Reaktorblock 3 noch nicht gelungen. Nach wie vor verhindern dort hohe Strahlungswerte den Einsatz von Menschen. Laut Plan von Tepco sollen ab 2021 die geschmolzenen Brennstäbe geborgen und entsorgt werden. Allerdings ist die Technologie dafür noch gar nicht entwickelt, wie der Atomexperte Kochi Okamoto erklärte. Auch die Frage, wohin mit all dem radioaktiven Schrott und den geschmolzenen Kernen, ist völlig ungeklärt. Nirgends auf der Welt gibt es dafür eine Entsorgungsmöglichkeit.

Außerdem sind die Folgen der Atomkatastrophe weit gravierender, als offiziell verlautet. Den 90.000 Menschen in Lagern wird erklärt, es sei eventuell 2012 möglich, in ihre Häuser zurückzukehren. Gleichzeitig muss die japanische Regierung aber weiteren Haushalten in der Nähe des havarierten Atomkraftwerks Fukushima eine Evakuierung empfehlen. 100 Haushalten in der Stadt Date, die außerhalb der 20-Kilometer-Sperrzone um das AKW liegt, wurden zu sogenannten "hot spots" erklärt.

Unterdessen musste der Staat auch einen Lieferstopp für Rinder aus Fukushima beschließen, weil 1.300 mit verstrahltem Heu gefütterte Rinder an Schlachthöfe in ganz Japan geliefert worden waren. Jetzt wurden auch Messungen bekannt, dass Reisstroh aus Motomiya 70 Kilometer westlich der AKW-Ruine mit bis zu 690.000 Becquerel Cäsium pro Kilo verseucht ist. Sogar Stroh aus den 160 Kilometer nördlich von Fukushima liegenden Städten Tome und Kurihara sind kontaminiert.

Die Vertuschungsmanöver der Atomkatastrophe in Fukushima dienen der Atomindustrie und den meisten Regierungen dazu, an dem Weiterbetrieb der bestehenden und neu geplanten AKWs festzuhalten. Trotzdem nimmt die Ablehnung der Atomenergie global zu. In Frankreich z.B. sprachen sich kürzlich 77 Prozent der Befragten für einen Atomausstieg aus. Selbst in den USA sind über 50 Prozent dafür. 94 Prozent waren bei einem Anti-Atom-Referendum in Italien gegen einen Wiedereinstieg in die Atomenergie. Mittlerweile sind auch 82 Prozent der Japaner für den Atomausstieg. In ganz Japan werden für den 6. August, den Hiroshima-Tag, Großdemonstrationen vorbereitet. Aus dieser Bewegung muss ein weltweiter Widerstand erwachsen.

Eine richtige Antwort auf die Verdrängung von Fukushima aus den Medien und auf die weitere Nutzung der Atomenergie ist deshalb die von der ICOR ("Internationale Koordinierung revolutionärer Parteien und Organisationen") und weiteren Kräften beschlossene einjährige internationale Kampagne für die sofortige und weltweite Stillegung aller Atomkraftwerke.