Betrieb und Gewerkschaft
Streikende Busfahrer in Stuttgart: "Wir können nur gewinnen, wenn wir einig sind, und wir sind uns einig!"
06.08.11 - In Stuttgart und bei den Esslinger Verkehrsbetrieben streikten am Freitag die Bus- und Straßenbahnfahrer. Der Streik dauerte von 3.15 Uhr (Betriebsbeginn) bis heute früh um 3.33 Uhr Uhr (Betriebsende). Alle 140 Stadtbahnen und alle 200 Busse der "Stuttgarter Straßenbahnen" (SSB) blieben im Depot. Im Gespräch mit den streikenden Busfahrern im Busdepot in Stuttgart-Bad-Cannstatt erklärten sie am Freitag, dass der Streik-Aufruf der Gewerkschaft Verdi in Stuttgart zu 100 Prozent befolgt wird. Auch in anderen Städten in Baden-Württemberg wie Heilbronn, Karlsruhe, Freiburg, Baden-Baden, Konstanz usw. waren die Fahrer im Streik. Verdi hat zahlreiche Forderungen aufgestellt:
Erhöhung der jährlichen Sonderzahlungen auf 100 Prozent eines Monatslohns; Senkung der Sollarbeitszeit für alle Fahrer auf das Niveau der Angestellten, die ja keinen Sonntags- bzw. Feiertagsdienst leisten; kürzere Schichtzeiten; Bezahlung der Wegezeiten (teilweise müssen die Fahrer mehrmals in der Schicht die Linie wechseln und dann von einem Depot zum anderen fahren; diese Zeit wird nicht als Arbeitszeit gewertet); Erhöhung der Zulagen für Pausen (teilweise gibt es Lücken im Arbeitseinsatz bis zu drei Stunden); Nahverkehrszulage bzw. Ortszuschlag; 30 Tage Urlaub für alle unabhängig vom Alter usw.
"Wir können nur gewinnen, wenn wir einig sind, und wir sind uns einig! Einer für alle und alle für einen." "So kann es nicht weitergehen. Heute ist es nur ein Warnstreik, aber wenn es sein muss, dann streiken wir so lange, bis unsere Forderungen erfüllt sind! Uns reicht es jetzt, Jetzt sind wir dran." So die Meinung von Kollegen im Gespräch mit "rf-news". Der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV) hat sich in der zweiten Verhandlungsrunde stur gestellt und kein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt. Im Gespräch erklärten die Streikenden, dass es ihnen vor allem um die verkürzte Arbeitszeit bzw. Fahrzeit geht: "Ich bin teilweise mit den Wegezeiten von dem einen Depot zum anderen Depot bis zu zehn Stunden und mehr im Einsatz. Das ist unverantwortlich auch im Hinblick auf unsere Kunden. Bezahlt werde ich dafür nicht. Das kann doch nicht sein!"
Der Kommunale Arbeitgeberverband sagt, der Forderungskatalog von Verdi sei "nicht finanzierbar". Finanzierbar sind jedoch das Milliardenprojekt "Stuttgart 21" und der Aufkauf des Energiekonzerns EnBW durch die Ex-CDU-Regierung unter Stefan Mappus von 4,7 Milliarden? Tatsächlich geht es nicht darum, was finanzierbar ist oder nicht, sondern was finanziert werden soll und wer darüber bestimmt, wohin das Geld fließen soll.
"Der Streik ist eine starke Waffe!" erklärten Kollegen. "Es wäre gut, wenn wir alle gemeinsam streiken würden, von den Fluglotsen bis zu den Arbeitern beim Daimler und Porsche." "Wir müssen es so machen wie die in Tunesien und in Ägypten. Die haben ihre Politiker in einem Volksaufstand in die Wüste geschickt. Mubarak wird jetzt vors Gericht gestellt." "Merkel muss sich vorsehen, dass ihr nicht Gleiches passiert", fügte ein afrikanischer Busfahrer hinzu.
"Wir und die Fluglotsen brauchen das Streikrecht. Nur in Deutschland ist das nicht erlaubt bzw. eingeschränkt auf tarifliche Fragen", meinte ein Kollege, der seiner Sprache zu entnehmen aus Frankreich kommen könnte. Andere Gesprächsteilnehmer kritisierten die schädliche Rolle der bürgerlichen Medien, die die Kunden gegen die Streikenden in Stellung bringen wollen. Die Streikenden nähmen ihre Kunden "in Geiselhaft". "Dabei erfahren wir viel Solidarität von unseren Kunden. Darüber wird nicht berichtet. Auch unsere Kunden kämpfen um höheres Einkommen und gegen die verstärkte Arbeitshetze." "rf-news" wünscht den Bus- und Straßenbahnfahrern in ihrem Kampf einen vollen Erfolg!